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Ukrainische Soldaten der 22. mechanisierten Brigade operieren am 13. Juli 2023 in einer zurückeroberten Stellung in der Nähe des Dorfes Klyshchiivka, südlich von Bachmut (Symbolbild).

© AFP/Anatolii Stepanov

„Alle hundert Meter verlieren wir vier bis fünf Mann“: Das berichten ukrainische Soldaten von der Gegenoffensive

Die Verluste an der Front für die ukrainischen Truppen sind hoch, sagen Soldaten. Das kratzt an der Moral. Ans Aufgeben denken die Kämpfer allerdings nicht.

Hohe Verluste an der Front, teilweise schlechte Ausstattung oder mangelnde Artillerieunterstützung sowie begrenzte Bodengewinne lassen die Moral unter den ukrainischen Soldaten sinken. Die ukrainische Zeitung „Kyiv Post“ hat mit mehreren Kämpfern an der Front gesprochen, um sich ein Bild der Situation in den Einheiten zu machen.

„Die Situation ist sehr schwierig“, zitiert die Zeitung einen Arzt der Truppe. „Den Russen wurde zu viel Zeit gegeben, um sich auf die groß angekündigte ukrainische Gegenoffensive vorzubereiten. Es war ihnen klar, dass eine der Richtungen des ukrainischen Angriffs, wenn nicht sogar die Hauptrichtung, Saporischschja sein würde.“ Alle Kämpfer baten in den Gesprächen um Anonymität.

Die ukrainischen Einheiten hätten nicht erwartet, dass die Russen das Terrain so stark vermint hätten, heißt es weiter. „Wir bewegen uns nur im Schneckentempo fort.“

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Eine große Anzahl der Verluste gehe auf die Minenräumer zurück, sagt der Arzt. „Wir verlieren wirklich sehr viele Pioniere. Sie gehen immer vor den Truppen.“ Neben den Minenfeldern würden die Einheiten auch mit Sprengfallen, Granateneinschlägen, Panzern, Artillerie sowie Raketen rechnen müssen.

Auch im normalen Leben können einem Ziegelsteine auf den Kopf fallen.

Ukrainischer Infanterist

Seine Einheit sei zwar noch immer bereit zu kämpfen, zitiert die „Kyiv Post“ den Arzt, aber die Tatsache, dass der Fortschritt so gering ausfalle, sei demoralisierend. „In einem Monat sind wir nur anderthalb Kilometer vorwärtsgekommen (...) Ich glaube nicht, dass es all die menschlichen Ressourcen und das Material wert ist, das wir ausgegeben haben.“

Verteidigung von Stellungen wurde wohl nicht trainiert

Ein Infanterist, der derzeit nahe Donezk stationiert ist, berichtete der Zeitung ebenfalls von hohen Verlusten. „Für jede Hundert Meter, die wir an Land gewinnen, verlieren wir vier bis fünf Infanteristen.“ Die ukrainischen Soldaten seien zwar gut darin, russische Stellungen einzunehmen. Aber deren Verteidigung sei nicht trainiert worden.

Viele Soldaten würden mittlerweile zudem davon ausgehen, dass sie früher oder später von russischen Angriffen getroffen und möglicherweise getötet werden, berichtet die „Kyiv Post“. So auch der Infanterist im Donbass.

Dennoch sei die Wahrscheinlichkeit, im Kampf zu sterben, geringer, als wenn man in einem abstürzenden Flugzeug sitze, erklärt er. „Auch im normalen Leben können einem Ziegelsteine auf den Kopf fallen“, zitiert ihn die Zeitung.

Die Unbeirrbarkeit der ukrainischen Soldaten scheint Kiews Taktik recht zu geben. „Bis jetzt hat es funktioniert, und unsere Truppen sind auf dem Vormarsch“, sagte ein Major der ukrainischen Streitkräfte gegenüber der „Kyiv Post“. Die Strategie sei es noch nicht, das ganze Potenzial der Armee einzusetzen, sondern langsam auf Löcher in der russischen Verteidigung hinzuarbeiten.

Auch scheint die Moral nicht in allen Einheiten zu schwinden: Die Zeitung habe etwa Textnachrichten von der 3. ukrainischen Sturmbrigade erhalten, die von einer durchweg erfolgreichen Zusammenarbeit aller Truppenteile berichten und die Versorgung mit Lebensmitteln sowie Munition loben.

Russische Telegram-Kanäle wiederum versuchen mittels fabrizierter Videos von angeblichen ukrainischen Kriegsgefangenen Zweifel daran zu wecken. Kiew äußere sich unterdessen nicht zu Verlusten und der Moral in den eigenen Reihen. (Tsp)

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