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Sind Kinder zu oft am Smartphone?

© picture alliance/dpa/Tobias Hase/promo

Problematischer Medienkonsum bei Kindern: Süchtig nach Computerspielen und sozialen Medien

Rund 680.000 Kinder in Deutschland gelten als abhängig. Experten fordern Ausbau von Präventions- und Hilfsangeboten.

Trockene, juckende Augen, Nackenschmerzen und manchmal auch Schmerzen im Unterarm und an den Händen: Davon haben in einer Studie Kinder und Jugendliche nach längerem Medienkonsum berichtet. Manche machen dennoch immer weiter. Zur Sucht wird das, wenn der Konsum kein Ende findet, wenn Kinder sich vom Freundeskreis zurückziehen und am Ende die Kontrolle über ihr Konsumverhalten über längere Zeit ganz verlieren.

Suchtverhalten gestiegen

Der Anteil der Minderjährigen, die Suchtverhalten bei Social Media aufweisen, stieg demnach seit dem Jahr 2019 auf rund 680.000, sprich von 3,2 auf 6,7 Prozent. Bei der Nutzung von Computerspielen kletterte die Quote von damals 2,7 Prozent auf 6,3 Prozent im vergangenen Jahr, heißt es in einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Studie der DAK und des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf.

Im Sommer 2022 war der Studie zufolge etwa jedes 16. Kind abhängig von Sozialen Medien und Computerspielen. Zwei von drei Computerspielsüchtigen seien Jungen. In Sozialen Netzwerken sei das Suchtverhalten unter Mädchen und Jungen etwa gleich verteilt. Ältere Kinder und Jugendliche seien gefährdeter für Suchtverhalten als jüngere, so die Studie.

Pandemie als Treiber

Erkennbar wird, dass Corona-Pandemie und dadurch verursachte Lockdowns die Zuwendung zu Computerspielen und Sozialen Medien angetrieben haben. Die Nutzungsdauer sei derzeit an Werktagen um etwa ein Drittel höher als noch vor der Corona-Zeit, erklären die Forscher. Sie liege für Computerspiele durchschnittlich bei etwa zwei Stunden am Werktag und drei Stunden am Wochenende. Soziale Medien würden fast drei Stunden täglich genutzt - am Wochenende sogar fast vier Stunden. Den höchsten Anstieg erreichte die Nutzungsdauer in den Wochen des ersten Corona-Lockdowns im April 2020. Die Nutzung von Streamingdiensten, die Filme, Serien, Shows und Dokumentationen zeigen, wurde in der Studie seit November 2020 untersucht. Sie erreichte einen Höhepunkt im Mai 2021 mit fast drei Stunden an Wochentagen und vier Stunden am Wochenende. Sie ist seitdem aber wieder rückläufig und liegt jetzt gut ein Drittel unter diesem Wert, heißt es in der Studie.


Wie können Eltern und Kinder mit dem Befund umgehen? Der Vorstandsvorsitzende der DAK, Andreas Storm, forderte einen Ausbau von Präventions- und Hilfsangeboten für Betroffene. Wichtig sei auch, „dass Kinder und Jugendliche lernen, die Risiken der Nutzung digitaler Medien einschätzen zu können und ihr Nutzungsverhalten zu reflektieren“.

Eltern könnten als Vorbilder unterstützen und Kindern auch Grenzen setzen. Die Experten schlagen vor, klare Regeln aufzustellen, die etwa auch in einem „Mediennutzungsvertrag“ formuliert werden könnten. Interesse zeigen und Alternativen anbieten, was Kinder und Jugendliche mit ihrer Freizeit sinnvoll anfangen könnten, seien wichtige Hilfestellungen. Dazu müssten Eltern aber ihr eigenes Medienverhalten im Blick haben, sich informieren und frühzeitig erkennen, wann Kinder in problematische Bereiche des Medienkonsums abrutschen. Nicht zuletzt bräuchten sie selbst Hilfsangebote, um ihre Kinder unterstützen zu können.

Auch andere Erwachsene - etwa Erzieher, Lehrer und weitere Experten - seien gefordert, Kindern und auch Eltern Unterstützung anzubieten. Er befürworte den Einsatz von „Mental Health Coaches“ in Schulen, wie dies von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) als begleitende Hilfe für Kinder und Jugendliche beabsichtigt sei, erklärte Storm. (mit KNA/dpa)

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