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Julian Reichelt.

© dpa/Jörg Carstensen

Konzern will mehr als zwei Millionen Euro: Einigung zwischen Springer und Ex-„Bild“-Chef Reichelt geplatzt

Springer hatte im April Klage gegen Julian Reichelt eingereicht. Der reagierte mit einer Widerklage. Nun stehen die beiden Seiten vor dem Arbeitsgericht.

Im Streit zwischen dem Medienkonzern Axel Springer und dem früheren „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt um die Rückzahlung seiner Abfindung ist zunächst keine Einigung in Sicht. Bei einem ersten Termin vor dem Arbeitsgericht Berlin am Freitag vertraten die Rechtsanwälte beider Seiten gegensätzliche Positionen.

Reichelt erschien nicht, ließ sich aber anwaltlich vertreten. Da der sogenannte Gütetermin ergebnislos blieb, setzte das Gericht einen Kammertermin an. Dieser wird voraussichtlich Mitte November sein, wie Richterin Anke Weyreuther sagte.

Springer hatte im April Klage gegen den Ex-Chefredakteur von Deutschlands größter Boulevardzeitung „Bild“ eingereicht. Es geht um den Vorwurf von Vertragsverstößen im Zusammenhang mit seinem Ende bei dem Medienhaus.

Der Konzern wirft Reichelt außerdem vor, Mitarbeiter abgeworben zu haben. Im Kern soll er nach Ansicht Springers Konzern-Informationen nach außen gegeben haben, obwohl sie vereinbart hätten, dass Reichelt diese mit seinem Abgang löscht. Auf dieser Grundlage sei ihm die Abfindung - nach Gerichtsangaben sind es zwei Millionen Euro - ausgezahlt worden. Springer fordert die Summe zurück, sowie eine Vertragsstrafe in Höhe von laut Gericht fast 200.000 Euro.

Christian Hoefs (r-l) und Celina Rohr, Anwälte die den Springer Verlag vertreten, und Stephan Kötters, Anwalt Reichelts, sitzen zur Verhandlung im Saal.

© dpa/Fabian Sommer

In der Verhandlung stritten die Parteien darüber, dass Reichelt Informationen weitergegeben habe. Sie legten allerdings unterschiedlich aus, ob diese unter das Löschgebot fielen. Der Verleger der „Berliner Zeitung“, Holger Friedrich, hatte über ein Interview vor einiger Zeit öffentlich bekanntgemacht, dass er von Reichelt kontaktiert worden sei. Er habe sich an Springer gewandt.

Reichelt wehrt sich mit einer Widerklage

Reichelt musste im Herbst 2021 seinen Posten als Chefredakteur der „Bild“ räumen und den Konzern verlassen. Hintergrund waren Vorwürfe des Machtmissbrauchs in Verbindung mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen. Der Journalist selbst hatte später von einer „Schmutzkampagne“ gegen ihn gesprochen und Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Gegen die Klage Springers wehrt sich Reichelt seinerseits mit Forderungen an den Medienkonzern, mit einer sogenannten Widerklage. Dabei geht es um Einsicht in Dokumente rund um das betriebsinterne Verfahren zu den Vorwürfen gegen Reichelt. Das wies Springer zurück und verwies auf den Schutz von Hinweisgebern. Reichelt will außerdem in dem Zusammenhang Schadenersatz in Höhe von mindestens 1000 Euro.

Im Zuschauerraum der Verhandlung im Arbeitsgericht war unter anderen Reichelts Nachfolger Johannes Boie zu sehen. Dieser war bis März „Bild“-Chefredakteur, bis er überraschend von Marion Horn abgelöst wurde.

Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin unabhängig von diesem Streit vor dem Arbeitsgericht auf Grundlage einer Strafanzeige von Springer gegen Reichelt wegen des Verdachts des Betruges. Bis zum Abschluss der Ermittlungen gilt die Unschuldsvermutung.

Die Causa wird demnächst auch den Deutschen Presserat beschäftigen und zwar auf der Grundlage von zwei Beschwerden. Einerseits geht es darum, dass „Die Zeit“ geleakte Posts von Springer-CEO Mathias Springer veröffentlicht hat. Die zweite Beschwerde richtet sich gegen Holger Friedrich, Besitzer der „Berliner Zeitung“, weil er mit seiner Information an Springer gegen Paragraph 5 des Pressekodexes verstoßen haben soll: den Schutz von Informanten. (dpa/jbh)

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