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Thomas Kläber „Geschwister“, Bayern bei Herzberg im Jahr 1979.

© Thomas Kläber

Es gibt kein Später: „Carpe diem“ in der a/e Galerie

Mit der Fotoausstellung „Carpe diem – denn wir sind keine 30 mehr“ zeigt die Potsdamer Galerie Momentaufnahmen von Vergänglichkeit. Noch bis 6. April.

Von Alicia Rust

Ihm steht die Skepsis ins Gesicht geschrieben, sie schaut etwas amüsiert. Die 60 mal 80 cm große Schwarz-Weiß-Aufnahme von Fotografin Monika Schulz-Fieguth, aktuell zu sehen in der a/e Galerie, zieht die Betrachter umgehend in ihren Bann. Bei den Protagonisten des beeindruckenden Doppelporträts von 2009 handelt es sich um Michail Gorbatschow, den inzwischen verstorbenen Präsidenten der Sowjetunion, und um Ex-Kanzlerin Angela Merkel.

Vergänglichkeit als Motiv

Daneben hängt ein Porträt von Willi Brandt. Mit Tränen in den Augen. Ein seltener Moment, entstanden bei einer Feier, genau ein Jahr nach dem Fall der Mauer. Wehmut liegt in der Luft, wenn man die Fotografien in der Ausstellung „Carpe diem – denn wir sind keine 30 mehr“ aus längst vergangenen Tagen betrachtet. Wir wissen wohl, was hinter uns liegt, doch wer weiß schon, was uns in Zukunft erwartet?

Ex-Präsident Michail Gorbatschow und die damalige Kanzlerin Angela Merkel bei der Eröffnung der Potsdamer Villa Schöningen im Jahr 2009, aufgenommen von Monika Schulz-Fieguth.

© ©Monika Schulz-Fieguth

Wehmut und Vergänglichkeit spielen bei der Ausstellung eine zentrale Rolle. 35 Motive von insgesamt 13 Fotografen sind noch bis zur Finissage am 6. April in der Potsdamer a/e Galerie zu sehen. Als einziger Potsdamer Ausstellungsort hat die Galerie am European Month of Photography (EMOP) teilgenommen. Die Ausstellung hat sie gemeinsam mit Michael Lüder und Mathias Marx kuratiert. Viele Besucher seien sogar extra aus Berlin gekommen.

Die gemeinsame Klammer für die unterschiedlichsten Motive ist der Gedanke, dass alles seine Zeit hat. Daher gelte es umso mehr, jeden Tag zu nutzen, als wäre er der Letzte, so Euchner. „Wir haben diesen besonderen Moment zum Thema gemacht, in dem wir uns der Flüchtigkeit aber auch der Wichtigkeit eines Augenblicks bewusst sind“, sagt Euchner, die Kunsthistorikerin und Inhaberin der a/e Galerie. Das könne etwa ein historischer Moment sein, aber auch ein sehr persönlicher.

Als Fotograf war mir damals instinktiv klar: Es gibt kein Später, keine zweite Chance, jetzt musst du es festhalten. 

Klaus D. Fahlbusch, Potsdamer Fotograf

Die letzte DDR-Mark

Gerade, wenn man merke, dass man nicht mehr 30 sei, werde man sich bewusst, wie wertvoll die restliche Zeit sei. „Daher auch das Motto der Ausstellung, was so viel bedeutet wie: Nutze den Tag, denn du bist sterblich.“ Fast alle der Fotografen sind so um die 60 Jahre alt. Folglich haben sie einiges erlebt.

„Zwei Mädchen aus Criuleni in Moldawien“, aufgenommen von Thomas Kummerow im Jahr 2003.

© Thomas Kummerow

Klaus D. Fahlbusch drückte beim Kaffee trinken im Café Heider in Potsdam den Auslöser, als er am 30. Juni 1990 zum letzten Mal mit DDR-Mark bezahlte. Der geschichtsträchtige Moment war ihm umgehend bewusst. Er arrangierte ein Stillleben mit Kaffeetasse, einigen Münzen und einer Karte, noch heute erkennt man die Angebote und die dazugehörigen Preise.

„Als Fotograf war mir damals instinktiv klar: Es gibt kein Später, keine zweite Chance, jetzt musst du es festhalten“, so Fahlbusch. Sein Fotoband „Potsdam im Wendejahr 1989/90“ vereinigt 61 Schwarzweiß-Fotografien: Intensiv erlebte Momente wie auch dokumentarische Aufnahmen. Dass die D-Mark, die damals die Ost-Mark ablöste, irgendwann ebenfalls Geschichte sein sollte, dürfte damals kaum jemand geahnt haben.

Viele von Fahlbuschs Kollegen haben damals ebenso herausragende Fotografien gemacht, manche haben sogar den Abzug der den Russen begleitet. Heute ist das Thema Russland wieder aktuell, wenngleich auch auf vollkommen andere Weise. „History repeats itself“, auch das könnte ein interessantes Motto für die Zukunft sein.

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