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Technik-Spezialistin. Ekaterina Pogorelskaa hat als Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik ihren Meister gemacht. Die gebürtige Kasachin ist eine Ausnahme in der Männerdomäne.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Weibliche Konkurrenz im Blaumann

Ekaterina Pogorelskaa behauptet sich in einem Beruf, der als Männerdomäne gilt: im Klempnerhandwerk. Nach einer Ausbildung ist die 29-Jährige Meisterin und könnte die Firma ihres Chefs übernehmen

Eisenhüttenstadt - Rohrleitungssysteme, Wärmepumpen und vor allem Baustellen sind die Welt von Ekaterina Pogorelskaa. „Ich träumte schon als Kind von einem technischen Beruf“, sagt die 29-Jährige. Dass sie etwas drauf hatte, bemerkte Thomas Erfurth bereits vor neun Jahren, als die gebürtige Kasachin in seiner Haustechnik-Firma in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) den praktischen Teil ihrer Ausbildung zur Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik absolvierte. „Sie war wissbegierig, konnte zupacken und sie hat Grips“, sagt der Firmenchef, der der zierlichen Frau zum Abschluss der dreijährigen Ausbildung einen festen Job anbot.

Doch der Anfang war schwer für Ekaterina. Als 13-Jährige kam sie mit den Eltern und drei Geschwistern als Spätaussiedlerin nach Eisenhüttenstadt, wurde aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse in die 5. statt 7. Klasse gesteckt. Das Mädchen kämpfte sich durch, brachte gute Leistungen, wechselte aufs Gymnasium. In der 11. Klasse war sie das Büffeln leid, suchte eine Alternative und begann eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich. „Da ging es um Versicherungen - um die zu verkaufen, bin ich einfach zu ehrlich“, gibt Pogorelskaa unumwunden zu. Sie fing noch einmal neu an, mit einer Lehre als Mechanikerin im Qualifizierungszentrum der Wirtschaft Eisenhüttenstadt, die sie als Jahrgangsbeste abschloss.

„Ich wusste, ich kann mich nach der Ausbildung weiterbilden, auch ohne Studium Karriere machen“, sagt sie. In der 24 Mitarbeiter zählenden Firma von Erfurth hat sie sich schnell den Respekt der überwiegend männlichen Kollegen erarbeitet. „Ekaterina zieht den Blaumann an und zeigt den Jungs, wie es richtig geht“, beschreibt Erfurth.

„Ich bin lieber auf der Baustelle als im Büro“, bekennt sie. Der Firmenchef bestärkte seine Mitarbeiterin darin, ihren Meister für Installations- und Heizungsbau zu machen, stellte sie dafür sogar ein halbes Jahr lang frei. Inzwischen betreut Pogorelskaa Baustellen der Firma selbständig, kalkuliert Angebote, kümmert sich um die Buchhaltung und möchte noch eine weitere Ausbildung zur Betriebswirtin machen.

„Sehr ehrgeizig und keinesfalls alltäglich“, kommentiert Uwe Hoppe, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Frankfurt (Oder). Pogorelskaa sei das „weibliche Meisterstück“ in einem noch immer typischen Männerberuf. „Frauen im teils körperlich schweren Handwerk sind nach wie vor die Ausnahme. Die Berufswahl scheitert da oftmals schon an den körperlichen Voraussetzungen, da nützt auch eine per Gesetz vorgeschriebene Frauenquote nichts“, sagt er. Bei der Eisenhüttenstädter Meisterin braucht da jedoch niemand Bedenken zu haben: Vor einigen Jahren war sie Brandenburger Amateur-Landesmeisterin im Boxen, wenn auch in der Klasse „Leichtgewicht“.

„Sie ist wirklich ein Glücksfall“, sagt der 51 Jahre alte Erfurth. Er kann sich vorstellen, dass Pogorelskaa in etwa 10 Jahren seine Firma übernimmt. „Ekaterina wäre ein würdiger Nachfolger und ich habe in Ruhe Zeit, die Sache vorzubereiten.“ Bis dahin müsse sie noch viele Erfahrungen sammeln, schränkt die Handwerkerin ein, die ihre Sätze gern mit der Floskel „ich sag mal“ beginnt. Bisher hat sie noch nie einen Gedanken daran verschwendet, Eisenhüttenstadt den Rücken zu kehren. Die 29-Jährige wohnt als Nesthäkchen noch immer bei den Eltern, denen sie gerne ein großes Haus bauen möchte. „Ich bin da sehr bodenständig, ein Familienmensch“, gibt sie zu. Zeit für eine eigene Familie hat sie allerdings noch nicht, die Arbeit stehe bei ihr im Vordergrund.

Dass sie einen Handwerksberuf erlernte, hat Pogorelskaa bis heute nicht bereut. „Es hat einfach alles gepasst.“ Sie ermutigt auch andere ins „spannende und abwechslungsreiche“ Handwerk zu gehen. Auszubildende zu finden sei an sich nicht das Problem, sagt Erfurth. „Doch die meisten scheitern spätestens an den einfachsten Matheaufgaben“, deutet er an. Aktuell sind in Ostbrandenburg rund 450 Lehrstellen im Handwerk nicht besetzt. Im September beginnt bei Erfurth ein junger Mann seine Ausbildung. Er ist dann einer von rund 850 neuen Lehrlingen im Bereich der Handwerkskammer Frankfurt (Oder). „Der Jugendliche hat eine Lese-Rechtschreib-Schwäche, aber zwei goldene Hände“, ist der erfahrene Firmenchef überzeugt. Dass Handwerksberufe wieder eine Zukunft haben, glauben er und seine junge Meisterin fest. dpa

Jeanette Bederke

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