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Was passiert mit ungekühlten Arzneien?: Unwirksam durch falsche Lagerung

Tausende Patienten in Brandenburg fragen sich, ob bestimmte Medikamente ihrer Therapie womöglich unwirksam waren. Wir haben darüber mit einer Pharmakologin gesprochen.

Potsdam - Für die Fraktionsvorsitzende und gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Ursula Nonnemacher, war es am Mittwoch das größte Ärgernis: In der Sondersitzung des Gesundheitsausschusses zum Medikamentenskandal wurden keine Pharmakologen gehört, obwohl das in dem gemeinsamen Antrag zur Sondersitzung von CDU und Grünen verlangt worden war. Diese hätten aus Sicht der Ärztin Nonnemacher Auskunft darüber geben sollen, wie hoch beispielsweise die Wahrscheinlichkeit von Wirksamkeitsbeeinträchtigungen aufgrund des unsachgemäßen Vertriebsweges liegt, welche Möglichkeiten es wo zum Nachweis der Wirksamkeit gibt sowie welche gesundheitlichen Schäden nach Verabreichung unsachgemäß gelagerter in Frage stehender Medikamente möglich sind. Dass das nicht geschehen sei, sei „sehr unbefriedigend“, so Nonnemacher.

„Ich vermute, eine Unterbrechung der Kühlkette wird eher keine Nebenwirkungen verursachen, sondern zu einer Unwirksamkeit der Medikamente führen“ sagte Monika Schäfer-Korting den PNN. Die Professorin für Pharmakologie am Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin will aber nicht ausschließen, dass vereinzelte Krebsmedikamente, die injiziert werden und eine Proteinbasis haben, nicht doch zu einer Allergie oder Ähnlichem führen. Letztlich, betont sie aber, sei das abhängig vom jeweiligen Medikament und der Dauer der falschen Lagerung. Möglich sei auch, dass sich die Wirkung eines Medikaments nur verringere. „Nachweisen kann man das nur in einem Labor“, sagte sie.

„Kühlpflichtige Arzneimittel eignen sich kaum für den Versandweg“

Nicht nur Krebsmedikamente müssen kühl gelagert werden. In Deutschland werden nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) jährlich rund 8,2 Millionen kühlkettenpflichtige Arzneimittel ausgegeben, die innerhalb der gesamten Lieferkette sowie bei der Lagerung ohne Unterbrechung zwischen zwei und acht Grad Celsius gekühlt werden müssen – darunter viele Krebsmedikamente. Weitere 30 Millionen Arzneimittel gelten als besonders temperaturempfindlich und sollten Experten zufolge bei maximal acht Grad Celsius gelagert werden. Beispiele dafür sind Impfstoffe gegen Masern, Mumps, Röteln und Gelbfieber. Auch einige Dosieraerosole gegen Asthma sowie einige Glaukom-Augentropfen müssen ununterbrochen gekühlt werden.

Angesichts der momentan heißen Temperaturen rät der Patientenbeauftragte des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Berend Groeneveld, auch solche Medikamente vorsichtig zu transportieren. „Hitzeempfindliche Medikamente können unterwegs in einer Kühltasche ohne Kühlelemente verstaut werden“, sagte er. Im Zweifel solle man dabei immer dem Rat der Apotheker folgen. Einen Tipp hat der Experte indes noch. „Kühlpflichtige Arzneimittel eignen sich kaum für den Versandweg.“ Groeneveld weiter: „Deswegen ist es für Patienten wichtig, eine Apotheke in der Nähe zu haben.“

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