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In der vergangenen Woche soll es zu Übergriffen an einer Michendorfer Kita gekommen sein. Die Polizei ermittelt.

© dpa (Symbolbild)

Vorwurf der Kindesmisshandlung an Berliner Kita: Beschuldigter Erzieher plant neue Kita in Brandenburg

Ein Erzieher soll ein Kind misshandelt haben – in einer Berliner Kita. Jetzt will der Verdächtige in Brandenburg eine Kita eröffnen.

Von Sandra Dassler

Berlin/Potsdam - Wenn es stimmt, was zwei Erzieherinnen einer katholischen Kita in Berlin berichteten, ist ein zweijähriger Junge im März dieses Jahres nur mit viel Glück einer schweren Verletzung entkommen. Augenzeuginnen zufolge soll der langjährige Leiter der Kindertagesstätte den Jungen in die Luft geworfen haben, weil er anderen Kindern Spielzeug weggenommen hatte. Der Kita-Leiter soll den Zweijährigen dann aber nicht mehr zu fassen bekommen haben, sodass dieser auf dem Boden aufschlug und zunächst leblos liegen blieb.

Der Kita-Chef hat nach Berichten der Augenzeuginnen das Kind dann geschüttelt und „Atme doch, atme doch“ gerufen – tatsächlich sei der Junge wieder zu sich gekommen. Dem Vater soll der Kita-Leiter erzählt haben, der Junge sei ihm vom Schoß gerutscht, die Ärzte hätten bei dem Zweijährigen eine Rippenprellung festgestellt. Erst Tage später soll der Pfarrer der Kirchengemeinde, die Träger der betreffenden Kita ist, dem Vater von den Berichten der Augenzeuginnen erzählt und ihn gefragt haben, ob er keine Anzeige erstatten wolle. Das muss dieser dann auch getan haben – ein Sprecher der Berliner Polizei bestätigte den PNN, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Kita-Leiter wegen des Verdachts auf Misshandlung von Schutzbefohlenen läuft.

Jetzt wurde bekannt, dass der Verdächtige nun eine eigene Kita in Brandenburg eröffnen will. Nach Informationen dieser Zeitung hat der Vater des verletzten Jungen davon aus der Presse erfahren und seinerseits Journalisten informiert.

Beschuldigter weiß nichts von Ermittlungsverfahren

Ein entsprechender Artikel kam auch dem Bürgermeister des Ortes zu Ohren, in dem der Beschuldigte jetzt eine eigene Kita eröffnen will. „Wir hatten in dieser Woche einen Termin, bei dem es um die Frage ging, ob für eine weitere Kita in unserem Ort überhaupt ein Bedarf besteht“, sagte der Bürgermeister: „Ich habe den Mann auf den Artikel angesprochen. Er war erstaunt und sagte, dass er von einem Ermittlungsverfahren nichts wisse.“

Das bestätigte auch der Anwalt des Beschuldigten dieser Zeitung. „Wir haben keine Kenntnis von einem Ermittlungsverfahren“, sagte er. Sein Mandant habe sich im Arbeitsrechtsverfahren mit dem Berliner Kita-Träger darauf geeinigt, dass die fristlose Kündigung, die er erhalten hatte, in eine fristgerechte umgewandelt werde. Die wegen der angeblichen Misshandlung erhobenen Beschuldigungen seien zurückgezogen worden. Es sei ein Unfall gewesen und keine Misshandlung. Die Einigung im Arbeitsrechtsverfahren hat aber nichts mit dem Ermittlungsverfahren der Polizei zu tun.

Sollte er beschuldigt werden, kann er weder in Berlin oder in Brandenburg eine Kita eröffnen

Der Sprecher der Jugendverwaltung, Ilja Koschembar, weist Vorwürfe zurück, wonach die Berliner Kita-Aufsicht ihre Brandenburger Kollegen nicht über den Fall informiert habe. „In der Schwere des beschriebenen Vorkommnisses ist bislang keine Meldung an die Kita-Aufsicht erfolgt“, sagte er. Auch gelte bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens die Unschuldsvermutung, sodass eine offizielle Mitteilung an die Kita-Aufsicht in Brandenburg nicht erfolgen könne. Sollte der Beschuldigte aber rechtskräftig verurteilt werden, könne er weder in Berlin noch in Brandenburg oder anderswo eine Kita eröffnen oder als Erzieher arbeiten.

Laut Koschembar hat es in der betreffenden katholischen Kita bereits in der Vergangenheit Hinweise von Eltern auf Missstände gegeben, jedoch nicht in der jetzt angezeigten Schwere. Der Anwalt des Kita-Leiters geht von einer Kampagne gegen seinen Mandanten aus, weil dieser sich mehrfach über die schlechte personelle Ausstattung der Einrichtung beschwert habe.

Laut einer neuen Bertelsmann-Studie zur Kita-Qualität fehlen allein in Berlin mehr als 11 500 Fachkräfte.

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