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Von Thorsten Metzner: Von Bodenreform-Affäre eingeholt

Potsdamer Anwalt droht Strafanzeige an / Vorwurf der Falschaussage im U-Ausschuss

Potsdam - Brandenburg wird kurz vor der Landtagswahl noch einmal von der Bodenreform-Affäre eingeholt: Auf einer Pressekonferenz in Berlin hat der Potsdamer Anwalt Thorsten Purps am Dienstag eine Strafanzeige gegen hochrangige Beamte des Finanzministeriums angedroht. Er habe Belege, dass diese als Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages die Unwahrheit gesagt hätten. Außerdem will Purps, wie gestern bereits berichtet, für den Interessenverband der Neusiedler-Erben die vom Finanzministerium bislang verweigerte Herausgabe der Grundstücklisten einklagen, um die schleppende Suche nach den unbekannten rechtmäßigen Besitzern zu beschleunigen.

Purps appellierte an Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) sein Versprechen einzulösen, dass Vertrauen in den brandenburgischen Rechtsstaat wiederherzustellen. Er äußerte die Hoffnung, dass der neue Landtag – etwa bei einem Einzug von FDP oder Grünen – erneut Anlauf zur Aufklärung nehmen könnte.

Die war Ende 2007 durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes ausgelöst worden, wonach sich das Land rund zehntausend Bodenreform-Grundstücke unbekannt gebliebener Neusiedler-Erben in einer „sittenwidrigen“ und „eines Rechtsstaates unwürdigen“ Weise angeeignet hat. Es geht um 180 Quadratkilometer im Wert von 90 Millionen Euro.

In seinem jetzt veröffentlichten Buch „Vom Staat enterbt“ macht Purps auf Merkwürdigkeiten aufmerksam, die im Untersuchungsausschuss des Landtages keine Rolle gespielt hätten oder nur gestreift worden seien – etwa Datenschutzverstöße von Behörden bei der Durchsetzung der rein zivilrechtlichen Ansprüche des Landes, aber auch die Untätigkeit der Staatsanwaltschaft. Denn Purps hatte lange vor dem BGH-Urteil, nämlich im Juli 2006 Strafanzeige wegen der Landnahmepraxis gestellt, „detailliert auf sieben Seiten, 90 Seiten Anlagen“. Diese Anzeige sei erst nach eineinhalb Jahren – nach dem BGH-Urteil – zum ersten Mal angeschaut worden, sagte Purps. Dann seien die Vorermittlungen nach wenigen Wochen eingestellt worden – unter anderem wegen der inzwischen eingetretenen Verjährung. „Acht Tage hat man daran gearbeitet“, sagte Purps. Sein Fazit: „Das ist Strafvereitelung im Amt.“

Der Landtags-Untersuchungsausschuss hatte das Eigenleben des Apparates im Finanzministerium für die Affäre verantwortlich gemacht, was auf den einflussreichen Abteilungsleiter Helmut B. gemünzt war. Just gegen B., inzwischen von Finanzminister Rainer Speer (SPD) mit einer Lobeshymne in den Ruhestand verabschiedet, sowie einen Referatsleiter erhebt Purps den Vorwurf der Falschaussage: So habe B. ausgesagt, dass Prämisse das Landes vor der Inbesitznahme der Immobilien eine ordentliche Erbensuche gewesen sei. „Das ist nachweislich falsch.“ Es gebe ein Schreiben von B. mit der Aufforderung an Kreise, die Erbensuche auf „ein Minimum“ zu reduzieren.

Brandenburg hat 279 der rund 8900 betroffenen Bodenreform-Grundstücke an rechtmäßige Besitzer zurückgegeben. Die Herausgabe von Grundstücklisten an Purps und den Betroffenenverband lehnt das Land ebenso ab wie deren Veröffentlichung im Bundesanzeiger.

Das Finanzministerium verwies am Dienstag gegenüber den PNN auf die nach dem Verzicht des Landes jetzt zuständigen Nachlassgerichte. Für eine Landesverwaltung, die sich innerhalb weniger Wochen tausende fremde Grundstücke angeeignet hatte, so die Links-Opposition, sei dies zwei Jahre nach dem BGH-Urteil eine „katastrophale Bilanz“.

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