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Von Susann Fischer: NPD schluckt DVU

Experten warnen vor einem Erstarken des Rechtsextremismus in Brandenburg

Potsdam - „Ich bin nicht rechtsextrem“, sagt Bärbel Redlhammer-Raback. Aber dann fallen auch solche Sätze: „Deutsche Politiker müssen sich um ihr eigenes deutsches Volk kümmern.“ Redlhammer-Raback ist seit Mitte Oktober neue Landesvorsitzende der rechtsextremen DVU in Brandenburg. Die 56-Jährige führt den Landesverband in einer Doppelspitze mit Klaus Mann. Lange werden die beiden ihr Amt wohl nicht innehaben. Schließlich laufen derzeit die Vorbereitungen zur bundesweiten Fusion der DVU mit der rechtsextremen NPD. Verfassungsschützer und Experten gehen davon aus, dass von der märkischen DVU nicht allzu viel übrig bleiben wird.

„Die NPD schluckt die DVU“, sagt Brandenburgs Verfassungsschutzchefin Winfriede Schreiber und ergänzt: „Den Prozess machen viele nicht mit.“ Führende DVU-Funktionäre haben die Segel gestrichen, darunter Mitglieder der einstigen Landtagsfraktion. Die ehemalige Fraktionschefin Liane Hesselbarth trat als Landesvorsitzende zurück. Der einstige Landtagsabgeordnete Norbert Schulze gab sein Amt als Vize-Landeschef auf. Ex-Parlamentarier Markus Nonninger trat gleich ganz aus der Partei aus.

NPD-Landeschef Klaus Beier verweist unterdessen auf einen verstärkten Zulauf. Die NPD Brandenburg habe im ersten Halbjahr 2010 den größten Mitgliederzuwachs aller Landesverbände verzeichnet. Vize-Landeschef Thomas Salomon spricht von acht Neueintritten allein im November. Dass die NPD einen Zuwachs verzeichnet, bestätigt Schreiber.

Allerdings müsse man beim Vergleich mit anderen Ländern sehen, dass die NPD überall eher Mitglieder verliere. Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass eine fusionierte NPD in Brandenburg höchstens 400 Mitglieder hätte. Im Jahr 2009 kamen die NPD auf 320 und die DVU auf 150 Mitglieder. Die Verfassungsschützer rechnen damit, dass nur ein paar Dutzend DVU-Leute den Schritt zur NPD gehen. Das liege einerseits daran, dass viele DVU-Mitglieder ohnehin nur passiv waren. Anderen, die sich selbst gern bürgerlich sehen, sei die NPD zu scharf, sagt Verfassungsschützer Gordian Meyer-Plath.

Es gibt zwar auch andere: Der Potsdamer Stadtverordnete Marcel Guse beispielsweise ist schon im vergangenen Jahr aus der DVU aus- und in die NPD eingetreten. Und mit seinen radikalen Ansichten ist der Mann selbst in der NPD umstritten, wie Meyer-Plath sagt.

Insgesamt jedoch rechnet offenbar selbst die NPD damit, dass viele DVU-Leute die Fusion nicht mitmachen. Als der Bundesparteitag der NPD kürzlich mit großer Mehrheit für die Fusion stimmte, ging Parteichef Udo Voigt laut Medienberichten davon aus, dass sich von den bundesweit rund 4 000 DVU-Mitgliedern höchstens 1 000 der NPD anschließen werden.

Die Brandenburger DVU steht laut Mann mehrheitlich hinter dem Fusionsplan. Eine Lehre aus der Landtagswahl vor einem Jahr sei, dass es nur mit- und nicht gegeneinander gehe. Vor der Wahl hatte die NPD den Deutschlandpakt mit der DVU aufgekündigt. In der Konsequenz traten beide Parteien zur Wahl an. Hatte die DVU im Jahr 2004 als alleinige rechtsextreme Bewerberin noch 6,1 Prozent geholt, kam sie 2009 nur noch auf 1,2 Prozent. Die NPD holte 2,5 Prozent.

Wird die Fusion vollzogen, kann das für Brandenburg erhebliche negative Auswirkungen haben. Meyer betont: „Wir müssen gewarnt sein: Zuletzt haben sich beide Parteien gegenseitig Stimmen genommen, künftig hat die NPD das Monopol.“ Ihr Ziel sei, dass sie sich flächendeckend ausbreitet und später den Sprung in den Landtag schafft.

Prüfstein wird nach Ansicht von Schreiber die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im kommenden Jahr. Politikwissenschaftler Christoph Kopke von Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrum hält es für „durchaus realistisch“, dass die NPD in Sachsen-Anhalt in den Landtag zieht. Das könne eine mobilisierende Wirkung auch für Brandenburg haben. Schreiber warnte, die NPD sei „deutlich nazifizierter“ als die DVU. Sie werde der NSDAP immer ähnlicher. Die Brandenburger Zivilgesellschaft dürfe sich deshalb trotz aller Erfolge der vergangenen Jahre im Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht zurücklehnen.

Susann Fischer

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