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Haben Angst um ihre Arbeitsplätze. Rund 500 Beschäftigte des Eisenhüttenstädter ArcelorMittal-Werks und Mitarbeiter mehrere Zulieferbetriebe ließen in Werder gestern ihrem Ärger freien Lauf. Vor dem Tagungshotel Resort Schwielowsee, wo die 11. Brandenburger Unternehmertage stattfanden, forderten sie mehr Unterstützung seitens der Politik.

© Andreas Klaer

Von Matthias Matern: Stahlwerker lassen in Werder Dampf ab

Beschäftigte des ArcelorMittal-Konzerns stellten gestern Wirtschaftsminister Junghanns zur Rede

Von Matthias Matern

Werder/Havel - Eines steht für den 53-jährigen Stahlwerker aus Eisenhüttenstadt bereits fest: „Wenn es mit Eko-Stahl zu Ende geht, dann ist die ganze Region tot.“ Seit Dezember sei er in Kurzarbeit, was werden wird, wenn die Wirtschaft nicht bald wieder anziehe, wisse er auch nicht. „Ich habe Angst um meinen Job.“ Seinen Namen wollte der langjährige Mitarbeiter des größten Arbeitgebers der Region Oder-Spree ArcelorMittal gestern nicht nennen. Zusammen mit rund 500 Kollegen und Beschäftigten mehrerer Zulieferbetriebe des Unternehmens folgte er gestern dem Aufruf der Gewerkschaft IG Metall und zog unter dem Motto „Heißer Stahl, heiße Herzen, heiße Kämpfe“ vor das Tagungshotel Resort Schwielowsee in Werders Ortsteil Petzow (Potsdam-Mittelmark). Dort trafen sich gestern Geschäftsleute und Banker zu den 11. Brandenburger Unternehmertagen.

Dies wollte die Belegschaft nutzen, um Landeswirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU), der zum Unternehmertreffen erwartet wurde, die Meinung zu sagen. Vor zwei Wochen kommentierte er die vom Konzern angekündigte Drosselung der Produktion auf nur noch 25 Prozent als „notwendige Marktanpassung“ und zog damit den Zorn der insgesamt rund 2600 Beschäftigten in Eisenhüttenstadt auf sich. Betriebsbedingte Kündigungen seien aber nicht geplant, ließ die Geschäftsführung wissen. Dagegen solle der großer Hochofen und eine der beiden Verzinkungsanlagen stillgelegt werden. Die Stahlbranche ist von der Krise stark gebeutelt. Bundesweit wurden im März Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge nur 2,7 Millionen Tonnen Rohstahl geschmolzen. Knapp 50 Prozent weniger als im Vorjahresmonat und so wenig wie seit 27 Jahren nicht mehr.

Der Minister habe die „Beruhigungspillen“ des Unternehmens einfach geschluckt, kritisierte gestern Peter Ernsdorf von der IG Metall Ostbrandenburg. Nach wie vor gebe es von ArcelorMittal keine Zahlen, die die Maßnahmen rechtfertigen würden. Landes- und Bundesregierung sollten die Sorgen der Mitarbeiter ernster nehmen und sich um die Region mehr kümmern, zudem müssten endlich klare Zahlen auf den Tisch und das Kurzarbeitergeld nochmals verlängert werden, forderte Ernsdorf.

Junghanns stellte sich kurz vor Beginn der Unternehmertage den Demonstranten im direkten Gespräch. „Ich bin auch sauer“, sagte er. Schließlich habe das Land zig Millionen Euro in den Standort investiert. Aber an einer Anpassung führe in der jetzigen Situation kein Weg vorbei. „Die Politik kann den Stahl nicht kaufen“. Den Mitarbeitern versprach Junghanns, für den Erhalt des Standortes zu kämpfen. „Markanpassung ja, Strukturabbau nein.“ Jetzt müsse man für und nicht gegeneinander stehen.

In seiner Rede zu den Unternehmertagen, die unter dem Titel „Bergauf - Chancen und Perspektiven aus Konjunkturprogrammen“ standen, bezeichnete Junghanns den Protest der Stahlwerker als „nachvollziehbar“. Ein Ende der Krise sei weiter nicht in Sicht und die Erholung werde länger dauern, als manche glauben. „Die Talsohle ist für Brandenburg in Sicht, aber noch sind wir nicht da.“ Zudem sei die Rezession importiert und mit nationalen Mitteln kaum zu bekämpfen. Unternehmer wie der geschäftsführende Gesellschafter des Autozulieferers Finow Automotive GmbH in Eberswalde, Patrick von Hertzberg, kritisierten die schleppende Vergabe von Liquiditätskrediten. Günther Troppmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kreditbank AG, meinte jedoch, es sei klar, dass in einer Rezession die Sicherheiten stärker geprüft würden. Rund sieben Milliarden Euro neue Kredite habe seine Bank im vergangenen Jahr vergeben.

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