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Von Matthias Matern: Beutezug auf der Kuhweide – Wölfe unter Verdacht Land will an Agrarbetrieb Entschädigung zahlen. Beweise für die Täterschaft fehlen bislang noch

Proschim - Vier Kälber innerhalb von fünf Tagen hat Petra Rösch verloren: Zwei wurden gerissen, zwei sind spurlos verschwunden. Zwar fehlt bislang jeder Beweis, doch die Geschäftsführerin der Landwirte GmbH Terpe-Proschim aus dem Spree-Neiße-Kreis ist sich sicher: „Das können nur Wölfe gewesen sein.

Von Matthias Matern

Proschim - Vier Kälber innerhalb von fünf Tagen hat Petra Rösch verloren: Zwei wurden gerissen, zwei sind spurlos verschwunden. Zwar fehlt bislang jeder Beweis, doch die Geschäftsführerin der Landwirte GmbH Terpe-Proschim aus dem Spree-Neiße-Kreis ist sich sicher: „Das können nur Wölfe gewesen sein.“ Aufklärung erhofft sich Thomas Avermann vom brandenburgischen Landesumweltamt (LUA) durch die tierpathgologischen Untersuchungen des jüngsten Opfers im Landeslabors Berlin-Brandenburg in Frankfurt (Oder). Das Ergebnis ist für Montag angekündigt“, berichtet Avermann. „Vom Schadensbild deutet aber nichts auf einen Wolfsriss hin.“

Für einen Beutezug hungriger Wölfe spricht, dass sich der Agrarbetrieb in einem der sechs nachgewiesenen Wolfsreviere im Land Brandenburg befindet. Seit knapp zwei Jahren ist rund um Proschim das sogenannte Welzower Rudel zuhause. „Im vergangenen Jahr zählte die Gruppe ein Elternpaar und sechs Welpen“, sagt Avermann. Sollten die vier Kälber tatsächlich auf deren Konto gehen, wäre es das erste Mal im Land, dass sich Wölfe an Rindern vergreifen, sagt der Fachmann. Auch in anderen Ländern, in denen Wölfe heimisch sind, komme dies äußerst selten vor. „Rinder sind in der Regel zu wehrhaft und eine Kuh, die ihr Neugeborenes verteidigt, bedeute ein unnötiges Risiko“, erläutert Avermann. Bevorzugte Beutetiere seien Rehe, Hirsche, Damwild und kleinere Säugetiere.

Das erste Mal schlugen die unbekannten Räuber in der Nacht zu Sonntag vor einer Woche zu. Ein Mitarbeiter des Betriebs fand eines von drei frisch geborenen Kälbern zerfleischt auf einer Weide. Von den beiden anderen Tieren fehlt bislang jede Spur. Untersuchungen des ersten Kadavers im Landeslabor brachten wegen des „erheblichen Fleischverlustes von rund 20 Kilogramm“ keine Klärung. „Allerdings wurden Fraßspuren von Füchsen festgestellt und anfangs muss das Kalb noch gelebt haben“, berichtet Thomas Avermann. Das zweite gerissene Tier, das derzeit untersucht wird, wurde vergangenen Donnerstag entdeckt und weise deutlich geringere Fraßspuren auf. „Deshalb erhoffen wir uns genauere Erkenntnisse“, so Avermann.

Seit der Wiedersansiedlung in Deutschland im Jahr 2000 sind immer wieder Nutz- und Haustiere von den Rudeljägern gerissen worden. Nicht zuletzt deshalb hat der Wolf in seiner alten brandenburgischen Heimat einen schweren Stand. Doch die Zahl der Risse ist in Brandenburg gesunken. 2008 waren es 69 Schafe und zwei Ziegen. Im vergangenen Jahr 34 Schafe und eine Ziege. „Sollten die vier Kälber tatsächlich von Wölfen gerissen worden sein, wären es die ersten Fälle in diesem Jahr“, berichtet der LUA-Mitarbeiter. Doch Avermann ist skeptisch. Für die Übergriffe könnte auch ein kräftiger Hund verantwortlich sein, glaubt er.

Einen Wolf habe sie zwar noch nicht gesehen, räumt Petra Rösch ein. Die Übeltäter stehen für sie trotzdem fest. „Sicher waren auch Füchse am Kadaver dran. Doch eines der Kälber ist mindestens 200 Meter über die Weide geschliffen worden“, behauptet die Geschäftsführerin der Landwirte GmbH. Rund 600 Rinder besitzt die Agrargesellschaft. Den Schaden durch den Verlust hält Rösch für „überschaubar“, aber man wisse „ja nicht wie sich das weiter entwickelt.“

Um durch Wolfsrisse verursachte Verluste zu kompensieren, zahlt das Land in der Regel eine Entschädigung. 2008 waren es zusammen knapp 10 000 Euro, im vergangenen Jahr rund 7000 Euro. Obwohl im Fall von Proschim noch keine Beweise vorliegen, hat sich das Land bereit erklärt, für den Schaden aufzukommen; wohl auch, um der latenten Ablehnung nicht noch mehr Vorschub zu leisten. Petra Rösch aber bleibt misstrauisch. „Es wird ein schwieriges Zusammenleben.“

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