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Von Matthias Matern: Auf dem Weg nach ganz oben

Ende August will eine Brandenburger Firma fünf Satelliten ins All schicken. Für die neuen Himmelskörper werden Namen gesucht

Von Matthias Matern

Brandenburg/Havel - Nur die große Antenne auf dem Dach könnte stutzig machen. Sonst wirkt das Haus am Molkenmarkt 30 im Herzen von Brandenburg an der Havel kaum ungewöhnlich. Dabei laufen hinter der Backsteinfassade eines ehemaligen Brauereilagers die letzten Vorbereitungen für Brandenburgs Einzug in die Geschichte der Raumfahrt. Fünf mit Kameras bestückte Satelliten will die Firma Rapid Eye in etwa drei Wochen ins All schicken. Auf ihrer Umlaufbahn in rund 630 Kilometern Höhe sollen sie rund um die Uhr detaillierte Bilder von der Erdoberfläche machen und so wertvolle Informationen vor allem für Kunden in Land- und Forstwirtschaft liefern. Bereits zweimal musste der Start verschoben werden. „Das zerrt an den Nerven“, gesteht der Vorstandvorsitzender Wolfgang Biedermann.

Einen genauen Tag für den dritten Anlauf kann er allerdings auch noch nicht nennen. „Vor Überraschungen ist man nie gefeit“, sagt Biedermann. Eigentlich hätten die Satelliten schon seit vorigem Jahr im Orbit kreisen sollen, doch erst streikte die Technik, später habe es dann noch Probleme mit Genehmigungen gegeben, berichtet der Vorstandsvorsitzende. Ins All werden die Satelliten mit einer umgebauten russischen Interkontinentalrakete der Reihe SS18 geschossen. Gestartet werden soll vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan. Mit der Planung ist ein kanadischer Generalunternehmer beauftragt. Die Investitionssumme liegt bei knapp 160 Millionen Euro. Gefördert wird das Projekt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit 14,7 Millionen Euro und mit 37 Millionen Euro durch das Land Brandenburg.

Im Haus am Brandenburger Molkenmarkt, von wo aus später die Flugbahn der Satelliten überwacht und deren Daten ausgewertet werden, ist jedoch der Optimismus groß, dass es dieses Mal klappt. In Abstimmung mit der Stadt wird bereits die große Abschussparty mitten im Zentrum vorbereitet. Parallel wurde ein Namenswettbewerb für die fünf Hightech-Himmelskörper ausgelobt. „Bisher heißen sie einfach eins, zwei, drei, vier und fünf“, sagt Wolfgang Biedermann. Verbunden mit dem Aufruf ist eine Spendenaktion zu Gunsten einer internationale Begegnungsstätte für Jugendliche auf Schloss Gollwitz, das zur Gemeinde Brandenburg/Havel gehört. Jeder Namensvorschlag sei mit einer Spende von zehn Euro verbunden, die direkt der Einrichtung zugute kommen, erklärt Biedermann. Der Wettbewerb sei international ausgeschrieben worden und ende drei Tage vor dem Satellitenstart. Dann wird die Geschäftsführung ihre Auswahl treffen. Knapp 20 Ideen seien bereits eingegangen, sagt Biedermann.

Der Druck, der auf den mehr als 90 Mitarbeitern von Rapid Eye lastet, ist groß. Die Mission muss endlich gelingen, einige der Kunden werden bereits ungeduldig. Deren Spektrum reiche von landwirtschaftlichen Betrieben über Düngemittelproduzenten bis zu Unternehmen der Rohstoffförderung. Anhand der digitalen Bilder, die mit weiteren Datensätzen verrechnet werden können, sei es zum Beispiel möglich, genaue Erkenntnisse über die Entwicklung einzelner Pflanzenarten zu gewinnen, Wachstumsstörungen festzustellen und so Prognosen für die Ernteplanung zu geben, erläutert Biedermann. Versicherungen könnten die totale Rundumüberwachung des Planeten für Schadensberechnungen nach Naturkatastrophen nutzen, staatliche und internationale Einrichtungen Umweltvereinbarungen kontrollieren oder Katastrophenhilfe koordinieren. Jeweils 15-mal am Tag sollen die märkischen Himmelskörper die Erde umrunden und dabei ständig aktuelle Aufnahmen liefern, hochaufgelöst und gestochen scharf.

Noch allerdings üben sich die Experten in Planspielen, immer wieder werden die einzelnen Abläufe und Arbeitsschritte durchgegangen. „Auch bei unseren Mitarbeitern gab es einigen Frust, weil immer etwas dazwischen kam“, sagt Biedermann ein. Mittlerweile aber überwiege bei allen der Optimismus, dass diesmal alles glattgehe.

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