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Von Matthias Matern: Arbeit zum Billigtarif in der Landesverwaltung

Verdi kritisiert rot-rote Koalition für Einsatz von externen Niedriglöhnern. Mindestens 550 Beschäftigte betroffen

Von Matthias Matern

Potsdam - Während das Land Brandenburg künftig öffentliche Aufträge nur noch bei Zahlung von Mindestlöhnen vergeben will, erledigen nach Informationen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gegenwärtig mindestens rund 550 Personen Aufgaben des Landes für einen Hungerlohn. Anstatt die Beschäftigten gemäß des Tarifs für den öffentlichen Dienst selbst zu entlohnen, lasse Brandenburg unter anderem über eine Dienstleistungsfirma des Dussmann-Konzerns Niedriglöhner für sich schuften, so der Vorwurf der Gewerkschaft.

Bislang liegen Verdi eigenen Angaben zufolge Erkenntnisse über solche Beschäftigungsverhältnisse aus dem gemeinsamen Landeslabor Berlin-Brandenburg und der Schlösser-Stiftung vor. „Ich gehe aber davon aus, dass dies nur die Spitze des Eisberges ist“, meinte Verdi-Fachbereichsleiter Bund-Länder Manfred Loos am gestrigen Mittwoch. Er habe mittlerweile auch Kollegen aus anderen Bereichen gebeten, verstärkt auf entsprechende Hinweise zu achten und zusätzliche Erkenntnisse zu sammeln.

Auf die Situation im Landeslabor ist die Gewerkschaft von betroffenen Mitarbeitern hingewiesen worden. Rund 20 Personen der insgesamt noch rund 500 Beschäftigten dort bekämen statt der für den öffentlichen Dienst vorgesehenen 13 Euro gerade einmal 5,50 Euro, weil sie nicht beim Land, sondern bei einer privaten Servicefirma des Dussmann-Konzerns angestellt seien, schilderte der Gewerkschaftler. Die Niedriglöhner würden vor allem für Kurierdienste und bei der Probenannahme eingesetzt.

Bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, deren Aufsichtsbehörde das brandenburgische Kulturministerium ist, bedient man sich noch in weit größerem Umfang an Arbeitskräften zum Billigtarif. Verdi zufolge greift die Stiftung in der Hauptsaison auf bis zu 600 Beschäftigte der eigens gegründeten Tochtergesellschaft Fridericus zurück. Auch hier ist der Dussmann-Konzern mit von der Partie, er hält 49 Prozent der Gesellschaft. Das Personal von Fridericus setzt sich unter anderem aus Wach- und Sicherheitsleuten, Reinigungskräften und Schlossführern zusammen. „Wir kritisieren, dass ein Wachmann bei Fridericus nur sechs Euro in der Stunde erhält. Das liegt weit unter den geltenden Landestarifen und unter der diskutierten Mindestlohngrenze“, so Manfred Loos. Nach Plänen der brandenburgischen Landesregierung sollen Firmen künftig nur dann öffentliche Aufträge erhalten, wenn sie mindestens einen Lohn von 7,50 Euro die Stunde zahlen.

Auch vor dem Hintergrund des durch die rot-rote Landesregierung geplanten Stellenabbaus im Landesdienst seien Zustände wie im Landeslabor und bei der Schlösser-Stiftung nicht gerade „vorbildlich“, sagte der Gewerkschafter. So sei vorgesehen, dass im Landeslabor zum Beispiel 26 Stellen künftig wegfallen sollen. „Tarifpersonal wird abgebaut. Damit aber dennoch wichtige Aufgaben erledigt werden können, wird mit Billiglöhnen operiert“, wirft Loos der Koalition aus SPD und Linke vor. „Das ist einfach unglaubwürdig.“

Im brandenburgischen Arbeitsministerium fühlt man sich völlig zu Unrecht in der Kritik und verweist mit einer drei Monate alten Pressemitteilung auf die Bemühungen der Regierung im Kampf gegen Lohndumping. „Ich bin sehr verwundert über die Attacke von Verdi“, sagte Ministeriumssprecher Florian Engels außerdem. Den Tarif für den Wachschutz in Höhe von sechs Euro habe die Dienstleistungsgewerkschaft schließlich selbst ausgehandelt, so Engels. „Für uns ist das nur eine Zwischenetappe zu höheren Löhnen.“ Im Übrigen sei das Outsourcen von Arbeitskräften eine übliche Praxis und der Einsatz der Landesregierung für Mindestlöhne selbst Verdi bekannt, konterte der Ministeriumssprecher.

Offen blieb gestern, in welchen Bereichen das Land Brandenburg noch auf externe Arbeitskräfte zurückgreift. Eine entsprechende PNN-Anfrage wies die Staatskanzlei mit Verweis auf den erheblichen Rechercheaufwand zurück.

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