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Protest. Seit seinem Amtsantritt gehen weltweit Menschen gegen den neuen US-Präsidenten Donald Trump auf die Straße. Auch seine jüngste Entscheidung, die zulasten von Bürgern aus sieben muslimischen Ländern geht, löste viel Kritik aus.

© Gregor Fischer/dpa

US-Einreiseverbot: „Gilt das Verbot dann eigentlich auch für mich?“

Das US-Einreiseverbot betrifft auch Zehntausende in Berlin und Brandenburg. Die Unruhe ist groß.

Berlin - Eigentlich wollte Sima Djabar Zadegan bald ihre Gasteltern besuchen, wollte zurück nach Kalifornien, wo sie als Teenager ein Jahr an einer Highschool verbrachte. Von dem Plan muss sich die 28-Jährige, die in Berlin lebt, jetzt verabschieden. Weil sie nicht nur den Schweizer, sondern auch den iranischen Pass besitzt, darf sie nicht in die USA einreisen. Präsident Donald Trump will Menschen wie sie nicht mehr im Land haben.

Am Samstag hat der neue Präsident der Vereinigten Staaten ein vorläufiges Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimisch geprägten Ländern verhängt und damit für weltweites Entsetzen gesorgt. Wer aus Syrien, dem Iran, dem Irak, dem Sudan, Somalia, Libyen oder dem Jemen kommt, darf seitdem nicht mehr in die USA einreisen. Allein in Berlin betrifft das Dekret laut Amt für Statistik Berlin Brandenburg mehr als 45 000 ausländische Einwohner, in Brandenburg sind es mehr als 12000. Nicht erfasst sind dabei Menschen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Auch für sie gilt laut US-Botschaft das Einreiseverbot. Damit könnte die Zahl der betroffenen Berliner noch um einiges höher liegen.

Was sich in den USA abspielt, kann Djafari nur schwer nachvollziehen

„Die Normalität kommt irgendwie abhanden und man befindet sich von heute auf morgen in einer neuen Welt“, sagt Ehsan Djafari. Auch er darf als Deutsch-Iraner derzeit nicht mehr in die USA. Der 53-Jährige hat selbst mehrere Jahre dort gewohnt, besucht noch heute regelmäßig seinen Onkel und Cousins, die noch immer dort leben. Was sich derzeit in den USA abspielt, kann Djafari nur schwer nachvollziehen.

Ehsan Djafari ist Vorsitzender der Iranischen Gemeinde in Deutschland e.V., die in Berlin mehr als 100 Mitglieder zählt. Die fordert nun die Bundesregierung auf, sich gegenüber der US-Regierung für die Rechte der Iraner einzusetzen und „ dieses diskriminierende, rassistische und menschenverachtende Dekret zu ächten“. Djafari sagt: „Dieses groteske Verbot bedeutet für die in Deutschland lebenden Iraner eine wesentliche Einschränkung. Diese Bevölkerungsgruppe ist stark mit den USA verbunden.“ Menschen würden daran gehindert, ihre Verwandten zu besuchen, ihren dienstlichen und geschäftlichen Tätigkeiten nachzugehen, oder ihr Studium aufzunehmen oder fortzusetzen.

„Das ist ein komisches Gesetz, weil es pauschal verurteilt“, findet auch Mustafa Gumrok. Er ist Vorsitzender des deutsch-syrischen Vereins in Berlin und Mitglied der Union der syrischen Studenten und Akademiker e.V. Gumrok bezeichnet die Anordnung des US-Präsidenten als „Schandfleck für die Weltgemeinschaft“. Das Ganze diene bloß der Stimmungsmache und trage nicht, wie von Trump behauptet, zur Sicherheit des Landes bei. Gumrok selbst ist in Syrien geboren, lebt bereits seit 40 Jahren in der Bundesrepublik und hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Den syrischen Pass, sagt er, habe er aus Protest schon seit Jahren nicht mehr beantragt. „Gilt das Verbot dann eigentlich auch für mich?“, fragt er.

Für wen gilt das Einreiseverbot in Deutschland?

Für wen das Einreiseverbot genau gilt, darüber gibt es in Deutschland auch auf Regierungsebene keine deutliche Antwort. „Wir bemühen uns wirklich mit Hochdruck, zu verstehen, was da passiert ist“, sagte Martin Schäfer, Sprecher des Auswärtigen Amtes. Es gehe um eine „wichtige politische, aber auch wichtige konsularische Frage, die viele, viele Deutsche in der näheren Zukunft betreffen kann“, sagte Schäfer.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) wollte sich indes nicht zu den Vorfällen äußern. Bereits vergangene Woche hatte der Sozialdemokrat an den US-Präsidenten appelliert und ihn dazu aufgefordert, keine Mauer zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko zu bauen. Jetzt scheint er sich aus den außenpolitischen Angelegenheiten vorerst rauszuhalten.

Die US-Botschaft in Berlin hat mittlerweile die Bürger der betroffenen Länder aufgefordert, sich vorerst in keiner Weise um ein Visum zu bemühen. In einer am Montag auf der Homepage der Botschaft veröffentlichten Mitteilung heißt es: „Wenn Sie ein Staatsbürger eines dieser Länder sind, vereinbaren Sie bitte keinen Termin für ein Visainterview und zahlen Sie zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Visagebühr.“ Wer bereits einen Termin vereinbart habe, solle diesen nicht wahrnehmen, heißt es in Großbuchstaben weiter. „Sie werden keinen Eintritt in die Botschaft/das Konsulat erhalten.“

Noch keine besonderen Vorfälle an Berliner Flughäfen

An den Berliner Flughäfen gab es zunächst keine Probleme. Während das Einreiseverbot weltweit für Chaos und Ärger zu sorgen schien, konnte ein Sprecher der Bundespolizei in der Hauptstadt keine besonderen Vorfälle bestätigen. Fluggesellschaften hätten ihre Gäste rechtzeitig informiert, wartende Gäste von Airberlin beispielsweise könnten Flüge in die USA kostenlos umbuchen.

Das Einreiseverbot, erklärte eine Unternehmenssprecherin, bedeute für die Fluggesellschaft einen organisatorischen Mehraufwand. „Wir müssen Personal briefen und haben in den USA unseren Kernmarkt, was die Langstrecke betrifft“, sagte sie. Die Airline hofft, dass das Verbot bald aufgehoben wird.

Darauf hofft auch die Schweizer Iranerin Sima Djabar Zadegan. „Ich finde es komisch, plötzlich persönlich von so etwas betroffen zu sein“, sagt sie. Das Einreiseverbot komme für die 28-Jährige wie aus dem Nichts, mache für sie absolut keinen Sinn. Im Moment habe sie das Gefühl, als sei die ganze Angelegenheit ein Witz. Der US-amerikanische Präsident Donald Trump jedoch scheint es ernst zu meinen. (mit afp/axf)

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Der Direktor des Hasso-Plattner-Instituts kritisiert das US-Einreiseverbot. Auch HPI-Forscher seien betroffen.

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