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Brandenburg: Über Umwege zur stillen Nacht in Schönefeld

Rot-Rot in Brandenburg will BER-Nachtflüge für Airlines so teuer machen, dass sie sich nicht lohnen

Potsdam - Brandenburgs künftiges rot-rotes Bündnis plant einen neuen Vorstoß, um weniger Nachtflüge am künftigen Hauptstadtflughafen in Schönefeld durchzusetzen. Das steht nach PNN-Informationen im Entwurf des Koalitionsvertrages, den Linke und SPD diese Woche unter Dach und Fach bringen wollen. Die Passage zur Flughafenpolitik der von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geführten Regierung ist weitestgehend zwischen SPD und Linken abgestimmt. Keine Aussage findet sich in dem Papier, wer Brandenburg im Aufsichtsrat vertreten wird, ob Woidke etwa anders als bisher doch in das Gremium geht oder das Land den Vorsitz reklamiert. Ein striktes Veto legt das rot-rote Bündnis gegen jedwede Überlegungen ein, im Zuge der nötigen Kapazitätserweiterungen in Schönefeld auch über eine weitere Landebahn nachzudenken. „Der Bau einer dritten Start- und Landebahn wird abgelehnt“, heißt es. Gegen eine dritte Startbahn, die Flughafenchef Hartmut Mehdorn schon einmal ins Spiel gebracht hatte, werden seit Mai 2014 Unterschriften für eine Volksinitiative gesammelt.

Brandenburg ist neben Berlin und dem Bund Hauptgesellschafter der staatlichen Flughafengesellschaft. Um die Anwohner brandenburgischer Gemeinden in der Nacht zu entlasten, will die neue Koalition laut Entwurf des Koalitionsvertrages konkret auf eine drastische Erhöhung der Start- und Landegebühren in jenen Nachtstunden drängen, in denen nach dem geltenden, höchstrichterlich bestätigten Planfeststellungsbeschluss am BER geflogen werden darf. Das betrifft zwei Stunden vor Mitternacht und zwischen fünf und sechs Uhr am Morgen, in denen ein Kontingent an Flügen gestattet ist. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu, dass die „Erhebung hoher Nutzungsentgelte in der Zeit zwischen 22 Uhr und sechs Uhr“ eine Möglichkeit sei, „Starts und Landungen in dieser Zeit wirtschaftlich unattraktiv zu machen“.

Ein strengeres, erweitertes absolutes Nachtflugverbot von 22 Uhr bis sechs Uhr am BER aber, das das mit über einhunderttausend Unterschriften erste erfolgreiche Volksbegehren in der Geschichte des Landes gefordert hatte, findet sich nicht als Ziel von Rot-Rot II. SPD und Linke sehen dafür keine Erfolgschance, nachdem ein erster Anlauf Woidkes am Veto Berlins und des Bundes gescheitert war. Doch hoffen SPD und Linke zumindest, dass der Nachfolger Klaus Wowereits im Roten Rathaus anders als Berlins bisheriger Regierender wenigstens etwas Rücksicht auf brandenburgische Interessen am BER nimmt, bei denen der Lärmschutz der Anwohner eine zentrale Rolle hat. „Oberste Priorität hat die schnelle Umsetzung des Schallschutzprogrammes“, heißt es etwa. „Härtefälle sollen großzügig behandelt werden.“ SPD und Linke reagieren damit auf jüngste Anwohnerklagen, dass die Flughafengesellschaft immer noch zu rigide und bürokratisch bei der Bewilligung von Schallschutzmaßnahmen operiere. Die Koalition will zudem darauf hinwirken, dass das BER-Umfeld „Modellregion“ in Deutschland für „Gesamtlärmbetrachtung“ wird.

Im Gegensatz zu jüngsten Forderungen aus der Wirtschaft nach einem stärkeren Regierungsengagement für den BER sind die Aussagen zum größten Infrastrukturprojekt der Region knapp. Ziel der Koalition bleibe die „schnellstmögliche Fertigstellung“ und der „bedarfsgerechte Ausbau der Infrastruktur“.

Noch intern strittig war zuletzt, ob Brandenburg offen für die Option sein soll, private Geldgeber in das Projekt zu holen, für das die öffentliche Hand seit 2012 bereits 2,3 Milliarden Euro bewilligte. Allerdings gibt es Zweifel bei SPD und Linken, ob sich überhaupt Mitfinanziers für eine „Schrottimmobilie“, wie es ein Koalitionsverhandler nennt, finden würden.

nbsp;Thorsten Metzner

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