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Im Einsatz. Beamte am Dienstag im uckermärkischen Gerswalde.

© Paul Zinken/dpa

Terrorverdächtiger in der Uckermark: Terrorpläne in der Idylle?

Dünn besiedelt und touristisch attraktiv: In der Uckermark deutet eigentlich nichts auf Terror hin. Nun wurde hier ein junger Terrorverdächtiger festgenommen, der einen Anschlag geplant haben soll.

Potsdam/Gerswalde - Die Gemeinde Gerswalde liegt idyllisch in der Uckermark. Die warme Mai-Sonne trocknet am Dienstag letzte Pfützen eines Gewitters. Doch an diesem Tag stehen vor dem Jugendheim große Einsatzfahrzeuge der Polizei. Beamte versperren den Weg. Hat ein syrischer Flüchtling hier in Brandenburg einen Terroranschlag geplant?

Anne O. besucht gerade ihre 82-jährige Mutter in der Senioren-WG nebenan. Als die Polizei am Morgen anrückte, habe ihre Mutter gedacht, vielleicht sei eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden. Die alte Dame packte sicherheitshalber schon ihre Wertsachen zusammen. „Meine Mutter hätte das nie in Verbindung mit Terror gebracht“, sagt die Uckermärkerin. Auch Amtsdirektor Andreas Rutter war überrascht. „Wir haben davon nicht viel mitbekommen, wir sind von der Polizei auch nicht informiert worden.“

Bei den Behörden schrillen die Alarmglocken

Ein junger Mann aus dem Heim erregt an diesem Tag bundesweit Aufsehen. Per WhatsApp soll er seiner Mutter mitgeteilt haben, er gehe in den Dschihad, wie Islamisten ihren „heiligen Krieg“ nennen. Bei den Behörden schrillen die Alarmglocken. Spezialeinsatzkräfte der Polizei rücken an und nehmen den jungen Mann in Gewahrsam.

Doch auch Stunden später bleibt vieles offen. Drei Handys und ein Tablet-Computer wurden sichergestellt. Sprengstoff? Fehlanzeige. Auch Hinweise auf den Islamischen Staat (IS), Hetzschriften oder Anleitungen zum Bombenbau werden zunächst nicht gefunden.

Am Abend ist es vor dem Gerswalder Heim wieder ruhig

Vor dem Jugendheim herrscht am Abend wieder Ruhe. Schräg gegenüber steht der Gasthof „Hans im Glück“. Am Vordach ranken Weinreben hoch. Die Polizei arbeitet derweil an der Auswertung der Handydaten und des Tablet-Computers. Dann soll entschieden werden, ob die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl beantragt.

Der Fall reiht sich ein in eine Serie von Festnahmen und Verfahren gegen Terrorverdächtige in Deutschland. In aller Regelmäßigkeit greift die Polizei in der Islamisten-Szene zu, insbesondere nach Anschlägen in Nachbarstaaten. Das Attentat von Manchester ist erst ein paar Tage her, die Bedrohung auch für Deutschland ist nach wie vor hoch. In einer angespannten Lage greifen die Behörden mitunter eher einmal zu früh zu – und einmal zu viel. Denn mehrfach schon haben sie zu spät oder gar nicht gehandelt – etwa im Fall des Attentäters vom Berliner Weihnachtsmarkt, der im vergangenen Dezember zwölf Menschen tötete.

Keine Anhaltspunkte für einen Anschlag

Aus dem Bundesinnenministerium heißt es zur Festnahme in der Uckermark: „Die Behörden haben schnell und frühzeitig reagiert, um ein Risiko für die Bevölkerung auszuschließen.“ Derzeit gebe es aber keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Anschlag unmittelbar bevorgestanden hätte. (dpa)

Georg Russew, Christiane Jacke

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