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Protest mit DDR-Nostalgie. Die Linke demonstrierte gegen US-Truppen und sang: „Kleine weiße Friedenstaube“.

© Ralf Hirschberger/dpa

Streit um US-Truppen-Transit nach Polen: Links, Rechts, Querfront - und Brandenburgs Anti-Amerikanismus

Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke hat eine Debatte über US-Truppen losgetreten und bekommt ungewollten Applaus. Worum es den Verbündeten in Osteuropa bei der Operation "Atlantiv Resolve" geht, erklärt der Polen-Beauftragte der Bundesregierung den Bürgern allerdings nicht.

Potsdam - Es waren gewichtige Worte, die Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gesagt hatte, damals im Januar 2014, als er Polen-Beauftragter der Bundesregierung wurde, der erste Ministerpräsident eines Bundeslandes überhaupt: „Wir sind auf Grund unserer Nähe auch Seismograph der deutsch-polnischen Beziehungen. Mein Amt will ich so ausfüllen, dass sich die Beziehungen zu Polen zum Nutzen der gesamten Bundesrepublik gut weiter entwickeln und wir noch enger zusammenarbeiten.“

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Irrationen bei den Polen ausgelöst

Heute, drei Jahre später, kommen die Worte der aktuellen Äußerung von Woidke bei der polnischen Regierung in Warschau nicht mehr gut an, in der Berliner Botschaft der Republik Polen herrscht dem Vernehmen nach Irritation über die Vorgänge in Potsdam. Auslöser sind Woidkes Worte über die US-Operation „Atlantic Resolve“, also über die Verlegung von 4000 US-Soldaten samt schwerem Gerät und Panzern auch über Brandenburg nach Mittel- und Osteuropa, vor allem aber nach Polen.

Zunächst hatte Woidke vor einem Aufrüsten gewarnt und einen Dialog mit Russland angemahnt. Dann versuchte der Ministerpräsident, die Aufregung über seine Äußerungen wieder einzufangen, sprach davon, dass er die Sorgen der Nachbarn kenne. Warnte vor Aufrüsten und Panzern, Sicherheit gebe es nur mit Russland. Nur über die Polen oder die Balten, ihre Ängste nach Moskaus Annexion der Krim, Russlands Aufrüsten seit 2013 an der Westgrenze und den Interventionen im Osten der Ukraine verlor er nicht viele Worte.

Woidke sprach von "Befindlichkeiten" in Polen

Stattdessen redete Woidke von „Befindlichkeiten in Polen“, dass er Verständnis dafür habe. Warum aber das US-Militär nach Polen kommt, dass erklärte der Ministerpräsident nicht. Nämlich, dass Polen wegen Moskaus Drohungen und Aggressionen, wegen der Angst um die eigene Sicherheit um die Truppen gebeten hat, zusätzlich zu 4000 Nato-Soldaten in Polen und den Balten-Staaten. Dass die Truppen militärisch eigentlich keine Rolle spielen, sondern nur ein Zeichen der Solidarität des Westens mit Polen sind und nur eine symbolische Stärkung der Nato-Ostflanke.

Woidke hat damit in Brandenburg die Tür geöffnet für etwas ganz anderes – für blanken Anti-Amerikanismus und für eine ganze andere Debatte, die nun Wellen schlägt. Plötzlich bekommt Woidke Applaus von ganz rechts: „Es ist keine Friedenspolitik, es ist Kriegsdrohungspolitik“, sagte AfD-Landeschef und Bundesparteivize Alexander Gauland. „Wir brauchen kein Säbelrasseln in Osteuropa und wir brauchen keine zusätzlichen amerikanischen Truppen an der russischen Grenze.“ Der Panzertransport in Richtung Russland sei falsch.

Linke singt "Kleine weiße Friedenstaube" gegen die "Kriegstreiber"

Zuvor hatten am Montagabend mehr als 150 Menschen auf Initiative der Linkspartei gegen die US-Truppenverlegung protestiert – am Übungsplatz Lehnin, wo mehrere Konvois, rund 50 Fahrzeuge, Rast machen. „Kriegstreiber“ und „Ami go home“, stand auf den Plakaten, aber auch Lob für das Friedenschaffen mit Waffen durch Russland in Syrien – wovon sich der ebenfalls anwesende Landesparteichef Christian Görke, der Vize-Regierungschef im Land ist, schnell distanziert.

Linksfraktionschef Ralf Christoffers sprach am Dienstag vom „Ausdruck eines legitimen Protestes“. Sorgen davor, dass die Stationierung von Panzern die Situation mit Russland verschärfen könnte, seien berechtigt. Mit Blick auf die Einigkeit mit der AfD in dieser Frage sagte er: „Niemand wird verhindern können, dass populistische Parteien sich auf Themen draufsetzen.“

Grüne: Eine Querfront der Blauäugigkeit gegenüber Putins Russland 

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sieht nun in Brandenburg ganz anderen Gefahren – nämlich eine „Querfront zwischen Links und Rechts“ in der Ablehnung der Nato und einer „Blauäugigkeit in Bezug auf Putins Russland“. Er nannte die Parteien nicht, klar ist, was er meinte: Linke und AfD. Das ganze Manöver sei eine Reaktion auf Russland, das seine Truppen an der Westgrenze aufmarschieren lässt oder erst im November 40 Millionen Bürger für eine Zivilschutzübung mobilisierte.

CDU-Fraktions- und Landeschef Ingo Senftleben fügte der von Vogel ausgemachten Querfront noch „Teile der SPD“ zu, die mit Linke und AfD Stimmung gegen die USA machten. Das sei auch auf Ministerpräsident Woidke zurückzuführen, sagte Senftleben. Der Regierungschef habe den Boden bereitet, sein Vize Görke treibe die Stimmungsmache aktiv voran. Als Polenbeauftragter der Bundesregierung sollte Woidke aber „wesentlich sensibler und ausgewogener“ mit dem Thema umgehen und seine Aussagen korrigieren. Zumal Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erst am Montag bei einem Besuch im Landtag betont habe, wie wichtig die transatlantische Brücke in die USA sei. 

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