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Kein Ladenschluss. Am Flughafen Tegel wird man noch bis März 2013 Geschäfte machen.

© dpa

Brandenburg: Stewardessen im Ungewissen

Aber auch Händler, Gastronomen und viele andere sind vom Flughafen-Desaster betroffen. Hilfe ist versprochen, doch wer bekommt sie?

Von Sandra Dassler

Schönefeld - Gerade hat Jasmin K. (Name geändert) ihre Ausbildung zur Flugbegleiterin beendet, mit Eröffnung des Airports BER sollte es losgehen, doch nun hängt die 22-Jährige in der Luft. „Wir sind 140 Frauen und Männer, die bei der Lufthansa-Tochter AviatonPower eingestellt werden sollten“, sagt sie. „Aber seit Tagen erhalten wir keine Informationen.“

Die Spandauer Firma Haru-Reisen will die Schnellbuslinie vom Steglitzer Kreisel zum Flughafen betreiben. „Wir haben immer wieder gefragt, ob der Eröffnungstermin sicher ist“, sagt der Geschäftsführer Hans-Jörg Schulze: „Man hat es uns versichert. Also haben wir drei spezielle Busse für rund 800 000 Euro gekauft und sieben neue Mitarbeiter eingestellt.“

Auch Beatrice Posch hat fünf Frauen eingestellt. „Ich habe sie selbst ausgewählt, damit sie als Team funktionieren“, erzählt sie. Eine habe sogar anderswo gekündigt, um im Spielzeuggeschäft „Die kleine Gesellschaft“ am Flughafen zu arbeiten. Zwei Läden hat Beatrice Posch schon in der Stadt, aber für die 60 Quadratmeter Ladenfläche am BER hat sie viel investiert; einen Kredit aufgenommen, der zurückgezahlt werden muss, auch wenn es noch keine Gewinne gibt. „Außerdem hatte ich Waren im Wert von 50 000 Euro bestellt“, sagt die 40-Jährige: „Die Stornierung hat mich allein bei einer Firma schon 4000 Euro gekostet.“

Das sind nur einige von hunderten Angestellten und Unternehmern, die vom geplatzten Eröffnungstermin kalt erwischt werden. Zwar hat Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) Hilfe für Härtefälle versprochen, aber wer definiert, was ein Härtefall ist?

„Wir entscheiden von Fall zu Fall“, sagt Flughafensprecher Ralf Kunkel: „Es ist ja ein Unterschied, ob eine große globale Handelskette oder ein kleiner Händler betroffen sind.“ Kunkel verweist darauf, dass in den Verträgen der rund 150 Läden und Restaurants die Klausel steht, dass bei einer Verzögerung der Flughafeneröffnung bis zu 18 Monaten keine Ansprüche geltend gemacht werden können. „Wir wollen aber trotzdem helfen, wo wir können“, sagt Kunkel.

Dass die Klausel überhaupt unterschrieben wurde, wundert Nils Busch-Petersen nicht. „Das ist nicht unüblich“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg: „Außerdem standen die Bewerber für die Ladenflächen von BER damals Schlange und das wäre auch jetzt noch so.“

Zum Teil gilt das auch für die Arbeitnehmer, sagt Clarissa Schmidt, Sprecherin der für Schönefeld zuständigen Arbeitsagentur Potsdam. „Wir haben viele hochqualifizierte und -motivierte Fachkräfte vermittelt, die oft mehrere Sprachen beherrschen. Ein Spreewaldhotel hat gerade nachgefragt, ob sie nicht Leute bekommen können, die jetzt noch nicht für den Flughafen gebraucht würden.“

Das könne aber nicht über die Misere hinwegtäuschen, sagt Schmidt. Die Arbeitsagentur habe schon bei der Hälfte der betroffenen Unternehmen nachgefragt. Die wollten schon mehr als 100 Leute entlassen. Kurzarbeitergeld könne auch nicht gezahlt werden, da es mehr als sechs Monate bis zum neuen Eröffnungstermin sind. Und die Hiobsbotschaften reißen nicht ab. Nun soll auch die am neuen Flughafen geplante Modemesse Panorama ausfallen. „Ich kann nur bestätigen, dass heute darüber beraten wird“, sagte Wolfgang Rogall von Messe Berlin.

Gute Nachrichten gibt es hingegen für Jasmina K. Sie könne als Stewardess arbeiten, sagt Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber: „Der Bedarf ist da, weil wir die zusätzlichen Flüge von Tegel aus durchführen.“ Haru-Reisen hat an die Flughafengesellschaft geschrieben. Vielleicht können ja die drei neuen Busse für andere Transporte zum Flughafen eingesetzt werden, sodass sich der Schaden in Grenzen hält. Beatrice Posch hat heute ein Gespräch mit der Flughafengesellschaft, ist aber wenig optimistisch. „Die werden meine fünf Frauen nicht bezahlen können“, sagt sie: „Und ich kann es auch nicht. Aber das tut mir weh.“

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