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Start-ups: Brandenburg mausert sich zum Gründerland

In der Rangliste der Gründungstätigkeit nach Bundesländern liegt Berlin souverän an der Spitze Doch Brandenburg holt auf - und wie.

Potsdam - In der aktuellen Rangliste des KfW-Gründungsmonitors hat Brandenburg einen enormen Sprung nach vorne gemacht. Von Platz 8 ging es aufs Treppchen. Mit durchschnittlich 134 Gründungen pro Einwohner liegt das Bundesland auf Platz 3. Eine solche positive Entwicklung ist in anderen ostdeutschen Bundesländer bisher nicht zu beobachten. Das liegt nach Einschätzung der Verfasser des Gründungsmonitors aber vor allem daran, dass sich Gründer vor allem in Ballungsräumen ansiedeln - und da kann Brandenburg mit der Nähe zu Berlin punkten.

Das bestätigt auch Paul Wolter vom Deutschen Start-up-Verband. Demnach gehen Start-ups gern dorthin, wo schon welche sind: Berlin, München, Hamburg. Die Nähe zu Kunden sei wichtig, ebenso der Austausch mit anderen Gründern. Im Osten genieße in der Start-up-Szene einzig Leipzig den Ruf als interessantes Pflaster. Helfen könnten Gründungsunterstützungen direkt an den Unis, sagt Wolter. Doch eine Trendumkehr bringe das so schnell nicht. „Bisher ist die Magnetkraft Berlins ungebrochen.“

Die aktuelle Studie bestätigt diese Beobachtung. Im aktuellen KfW-Gründungsmonitor rangieren Thüringen (74 Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige), Sachsen-Anhalt (77 Gründungen) und Mecklenburg-Vorpommern (84 Gründungen) am Ende der Tabelle. Sachsen ist Neunter (106 Gründungen), nur eben Brandenburg ragt auf Platz 3 heraus. Der Standortvorteil heißt Berlin, denn die Bundeshauptstadt ist Start-up-Champion (193 Gründungen) und strahlt ins Umland aus, wie die KfW-Studie konstatiert.

Kaum Änderung in Sicht

Eine baldige Trendwende sei nicht in Sicht. „Ich sehe da eher schwarz“, sagt der Vize-Chef des Dresdner Ifo-Instituts, Joachim Ragnitz. Derzeit geben im Osten deutlich mehr Unternehmer aus Altersgründen auf, als neue dazukommen. Das kann zu einem Konjunkturkiller werden, dabei müsste der nach wie vor hinterher hinkende Osten dringend aufholen.

Der Negativtrend erkläre sich auch durch die schrumpfende Bevölkerung. Es gebe weniger Ostdeutsche in der gründungsfreudigen Gruppe der 30- bis 39-Jährigen - und ein sicheres Angestellten-Dasein zähle viel. Langfristig könne es helfen, unternehmerisches Denken in den Lehrplan von Schulen und Unis aufzunehmen, sagt Ragnitz.

Selbstständigkeit bleibt ein Risiko

Rührt die Scheu auch aus den Erfahrungen der DDR, wo Unternehmertum von der Staatsführung verpönt wurde? Sicherlich habe das einen Einfluss, auch weil in der Elterngeneration Vorbilder fehlten. Entscheidender dürfte die Massenarbeitslosigkeit nach dem Mauerfall sein. Die Angst vor einem Jobverlust sitze tief, so der Ökonom, und Selbstständigkeit bleibe immer ein Risiko.

Sachsen versucht mit Förderprogrammen, Wettbewerben und Beteiligungen für mehr Unternehmertum zu sorgen, wie das Dresdner Wirtschaftsministerium mitteilt. Seit 2007 seien allein an den Hochschulen mehr als 800 Gründungen gefördert worden. Trotzdem konstatiert auch das Ministerium: „Die Neigung, das Risiko einer Selbstständigkeit einzugehen, ist gegenwärtig eher gebremst.“

Sollten die ostdeutschen Länder also aktiv um westdeutsche Gründer werben, wo die Neigung etwas größer ist? Brandenburgs Wirtschaftsministerium hält das für keine gute Idee. „Vielmehr soll das Angebot an Förderungen verbunden mit Qualität und Kompetenz für sich sprechen“, hieß es. Das Land biete für junge Gründer Beratung und Coachings an - auch für jene, die ein bestehendes Unternehmen übernehmen wollten. Hinzu kämen Finanzierungshilfen.

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