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Konträr. Kühnert (l.) und Klingbeil.

© dpa

Brandenburg: Schlagabtausch mit Lars und Kevin

Bei der SPD-Mitgliederversammlung in Ludwigsfelde trafen Groko-Befürworter und Gegner aufeinander

Ludwigsfelde - Für Lena Volkmann aus Nuthetal kommt Kevin zu spät. Die 19-Jährige, seit November 2016 SPD-Mitglied, hat sich bereits entschieden: gegen eine Neuauflage der Großen Koalition. Sie ist auf Kevin-Kurs, bevor sie Kevin Kühnert, den Bundeschef der Jusos und aktuell wohl prominentesten No-Groko-Vertreter, live erlebt hat. „Anders ist eine Veränderung in der SPD nicht möglich“, meint sie. Trotzdem ist das Juso-Mitglied am Montagabend in das Klubhaus Ludwigsfelde (Teltow-Fläming) gekommen, um Kühnert reden zu hören. Denn dass er eingeladen wird zur Mitgliederversammlung der Brandenburger SPD, dafür haben die märkischen Jusos gekämpft.

Ursprünglich sollte nur Groko-Werber Lars Klingbeil, seit neun Wochen Bundesgeneralsekretär, vor den Genossen sprechen. Klingbeils märkisches Pendant Erik Stohn, ebenfalls erst kurz im Amt, beugte sich schließlich dem Druck der SPD-Jugend und lud Kühnert doch ein. Doch zuerst ist Klingbeil an der Reihe. Fair diskutiert werden solle an dem Abend, erklärt der 39-Jährige. „Wir alle sind vereint darin, dass wir sagen: Dieses Mal muss es mit der Erneuerung funktionieren.“ Die Regierungsverantwortung sei dafür der richtige Weg, „denn wir alleine entscheiden, ob wir Fehler der Vergangenheit wiederholen“, sagt Klingbeil vor etwa 280 Mitgliedern, darunter Landespolitiker wie Verkehrsministerin Kathrin Schneider und Bundespolitiker wie die Potsdamer Abgeordnete Manja Schüle. „Der Koalitionsvertrag ist gut geworden“, wirbt Klingbeil.

Kevin Kühnert interpretiert die Lage anders, aber: „Ich erlebe eine Partei, die sehr solidarisch die Diskussion sucht“, sagt er im Saal. „Jetzt ist die Stunde der Mitglieder. Jetzt entscheiden erst einmal wir.“ Die Zahl der Neueintritte bei der SPD – allein in Brandenburg waren es seit Januar rund 400 – zeige, dass „in dieser Partei noch Leben drin ist“. Obwohl die SPD bei der Bundestagswahl eine Klatsche erlitt, sei ein Jubelschrei durch das Willy-Brandt-Haus gegangen – und zwar als Martin Schulz den Gang in die Opposition ankündigt habe. Damals sei viel Last von vielen Parteimitgliedern abgefallen, meint Kühnert. Er gehöre nicht zu der Fraktion, die sage „Große Koalition – niemals“. Aber eine Groko sollte die Ausnahme sein, meint der Juso-Chef, weil die Unterscheidbarkeit der Volksparteien nötig sei, um den Menschen Orientierung zu geben. Es brauche keine Alternative für Deutschland, um eine Auswahl auf dem Stimmzettel zu haben. An der Stelle gibt es Applaus. Gerade bei den älteren Mitgliedern gibt es während Kühnerts Rede auch Kopfschütteln in den Reihen. „Träumer“, murmelt einer. Welches Lager in Ludwigsfelde überwiegt, lässt sich schwer ausmachen.

Maximilian Berlowski jedenfalls hat sich entschieden – daran ändert auch Kühnerts Beitrag nichts, obwohl der 25-Jährige dem 28 Jahre alten Juso-Chefs zumindest altersmäßig näher ist. Er wolle Kühnert gerne zuhören, sagt Berlowski, aber in seinen Augen ist der Koalitionsvertrag „das Beste, was wir erreichen konnten“. „Erneuerung ist auch oder gerade in der Regierung möglich“, meint das SPD-Mitglied aus Märkisch-Oderland.

„Es ist richtig, dass sich die SPD diesen Schritt nicht leicht macht“, sagt Ministerpräsident und Landesparteichef Dietmar Woidke in Ludwigsfelde, dennoch sei seine Position klar. Dass er für einen Gang der SPD in die Regierung ist, hat er mehrmals betont. „Und ihr wisst doch alle, dass die Schere zwischen Arm und Reich in den vergangenen Jahren weiter auseinandergegangen ist“, ruft er seinen Genossen zu. „Es muss eine starke linke Volkspartei geben.“

Am Samstag kommen die Brandenburger Sozialdemokraten in Potsdam zu ihrer zweiten Versammlung vor dem Groko-Mitgliederentscheid zusammen, rund 6700 märkische SPD-Mitglieder können abstimmen. Redner sind am Samstag die designierte Parteivorsitzende Andrea Nahles und Interims-Chef Olaf Scholz – zwei Vertreter des Groko-Lagers.

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