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Brandenburg: Schachtelsätze

Lunapharm hat nach Ministeriumsangaben mehr als 4600 Päckchen illegaler Krebsmedikamente aus Griechenland bezogen.

Potsdam - Illegaler Medikamentenhandel im großen Stil: Das im Zentrum des Pharmaskandals um mutmaßlich gestohlene Krebsmedikamente stehende Unternehmen Lunapharm aus Mahlow (Teltow-Fläming) hat nach Angaben des Brandenburger Gesundheitsministeriums zwischen 2015 und 2017 insgesamt 4651 Arzneimittelpackungen von einer griechischen Apotheke bezogen, die die Medikamente nach Erkenntnissen der Behörden aus Krankenhäusern klauen ließ. Diese Zahl teilt das Ministerium der wegen der Affäre schwer unter Druck stehenden Ministerin Diana Golze (Linke) in einer am Montag veröffentlichen Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Raik Nowka (CDU) mit. Fraglich ist, wie viele Packungen tatsächlich in Umlauf kamen. Ende Juli hatte das Ministerium erklärt, dass die Lieferung von 700 Packungen in den Jahren 2016/17 nachgewiesen sei. Der Verkaufspreis einer Packung des Krebsmedikaments Herceptin beispielsweise liegt wie berichtet bei rund 2500 Euro. Aber auch Krebsmedikamente im Wert von 5000 Euro sollen von Lunapharm gehandelt worden sein. Bei 4651 bezogenen Packungen entspricht das einem Wert von geschätzt elf bis 20 Millionen Euro.

Nach wie vor keine Angaben macht das Ministerium zu der entscheidenden Frage, wie viele Patienten von dem Handel mit den geschmuggelten Medikamenten betroffen sind. „Hierzu liegen der Landesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor“, heißt es nur. Wie die PNN vergangene Woche berichteten, sind allein in Brandenburg und Berlin mehr als 220 Patienten betroffen. Dies ging aus Angaben der Berliner Gesundheitsverwaltung hervor. Aus dem für die Aufklärung des Skandals verantwortlichen Golze-Ministerium gibt es dazu also weiter keine Auskunft. Die rot-rote Landesregierung sei „derzeit noch mit der Aufarbeitung des gesamten Falles mit allen Einzelheiten befasst“, wird in der aktuellen Antwort auf die CDU-Anfrage betont. Zuvor hatten bereits zwei öffentliche Sondersitzungen des Gesundheitsausschusses stattgefunden – mit vor allem für die Patienten sehr beschränktem Erkenntnisgewinn. Ob sich jemals nachweisen lässt, ob durch falsche Lagerung vermutlich unwirksam gewordene, hochsensible Krebsmedikamente verabreicht wurden, ist weiter unklar. „Die bisherigen bei der Lunapharm Deutschland GmbH durchgeführten Inspektionen ergaben bislang keine Anhaltspunkte, die auf insoweit unsachgemäße Transporte beim Bezug von Arzneimitteln von Dritten schließen lassen“, teilt das Ministerium in seiner Antwort vom Montag mit. Eine Sicherheit für Patienten ist das nicht: Wie berichtet wurden nur stichprobenartig Rückstellmuster der Medikamente getestet – die vor der Mitnahme durch die Behörden durch unbedenkliche Muster theoretisch völlig unbemerkt ausgetauscht worden sein könnten.

Unerwähnt in der Golze-Antwort bleibt auch der Bezug von Medikamenten aus Italien. Wie die PNN berichteten, hat Lunapharm nach jüngsten Behördenerkenntnissen auch mit Herceptin aus Italien gehandelt, obwohl es nach Diebstählen aus italienischen Krankenhäusern seit 2014 nicht mehr ausgeführt werden darf. In der Antwort auf die CDU-Anfrage taucht Italien aber nicht auf. Nach derzeitigem Erkenntnisstand habe Lunapharm Ausgangsstoffe für die Herstellung von Arzneimittel von 17 Lieferanten „und außerdem von weiteren Lieferanten Ware für den Großhandel mindestens noch aus Polen, Österreich, Dänemark, Litauen, Großbritannien, Rumänien, Tschechien und Zypern“ bezogen, heißt es nur.

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