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Brandenburg: Rot-rote Koalition bleibt der Braunkohle treu

Linke-Minister ignorieren Linke-Parteibeschluss gegen neue Kraftwerke, Tagebaue und Stromexporte

Potsdam - Kein Turbo-Ausstieg aus der Braunkohle in Brandenburg: Das von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführte rot-rote Kabinett ignoriert den überraschenden Radikalbeschluss der Brandenburger Linken für einen Verzicht auf neue Tagebaue und Kohlekraftwerke in der Lausitz sowie ein Ende der Stromexporte aus der Mark. Und wendet so eine Koalitionskrise ab. „Diese Position wird keinen Eingang in das Handeln der Regierung und der Koalition finden“, erklärte Regierungssprecher Thomas Braune in einer Erklärung der Landesregierung am Sonntag. Brandenburg werde „noch lange auf den heimischen Energieträger Braunkohle“ setzen. Zuvor hatte es hinter den Kulissen diverse rot-rote Krisentelefonate wegen des Linke-Beschlusses gegeben. Auf PNN-Anfrage bestätigten Vize-Regierungschef Helmuth Markov, Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, Umweltministerin Anita Tack (alle Linke) und der neue Landesvorsitzende Stefan Ludwig am Sonntag, dass der Parteibeschluss unmittelbar „keine Auswirkungen auf aktuelles Regierungshandeln“ hat. Begründet wird dies damit, dass der Landesparteitag sich neben dem mit 54 gegen 53 knapp beschlossenen Ja zu einem schnelleren Kohleausstieg in einem zweiten, mit weit größerer Mehrheit gefassten Beschluss (66 Ja, 48 Nein) zum geltenden rot-roten Koalitionsvertrag bekannte. Ein beschleunigter Kohleausstieg würde dagegen verstoßen, sagte etwa Christoffers. „Das wird keinen Eingang in den Entwurf der Energiestrategie 2030 finden.“ Auch einen Stop laufender Planungsverfahren für neue Tagebaue gibt es nicht. In den Reihen der Linken sorgt das prompt für neuen Unmut.

„Ich habe mich sehr über den Beschluss gefreut. Er macht deutlich, wofür wir selbstständig als Linke stehen“, sagte Dagmar Enkelmann, parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, die bereits als mögliche Spitzenkandidatin für die Brandenburg-Wahl 2014 gehandelt wird. „Es ist also eine deutliche Ansage an den linken Teil der Regierung, Veränderungen in der Energiestrategie vorzunehmen.“ Bislang lässt der von Christoffers und Tack vorgelegte Strategie-Entwurf offen, ob es nach 2020 neue Tagebaue und Kraftwerke geben kann. Zwar hatte jüngst selbst eine Umfrage im Auftrag der Linken ergeben, dass ein Kohleausstieg – ein Volksbegehren war 2009 desaströs gescheitert – für die Bevölkerung im Land und selbst für die Linke-Wählerschaft nachrangig ist. Doch erwarten Teile der Linken, dass der Beschluss nicht folgenlos bleibt. So forderten die Kreischefs Sebastian Walter (Barnim), Sascha Krämer (Potsdam) und Peer Jürgens (Oder- Spree) nun „Nachverhandlungen“ mit der SPD. Der „Souverän“ habe nun einmal entschieden, sagte Walter. Er kritisierte, dass dies von der Spitze offenbar nicht einmal versucht werde. „So organisiert man sich noch größere Konflikte beim nächsten Parteitag.“ Der Beschluss gehe über den Koalitionsvertrag hinaus, „qualifiziert ihn aus linker Sicht“, sagte Jürgens. „Er ist ein deutliches Signal für Veränderungen in der Energiestrategie“, sagte Rene Schuster von der Grünen Liga und einer der Initiatoren des Ausstiegs-Beschlusses. Die Partei habe damit dokumentiert, dass sie die Braunkohleverstromung für „nicht zukunftsfähig hält“, sagte Linke-Landeschef Ludwig – und will den Beschluss gegen neue Kraftwerke, Tagebaue und Stromexporte erst wieder aufrufen, wenn die Partei das Wahlprogramm für die Landtagswahl 2014 entwirft.

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