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Brandenburg: Rechnungshof soll Landtag verlassen

Parlamentarier fordern mehr Platz im Stadtschloss und bringen Alternativstandorte für Behörde ins Spiel

Potsdam - Nach einem Vorstoß des Landtages soll Brandenburgs Rechnungshof aus dem Parlamentsgebäude in Potsdam ausziehen. Das hat eine Debatte in der Politik ausgelöst, die oberste Finanzkontrollbehörde des Landes in strukturschwache berlinferne Regionen umziehen zu lassen. Brandenburger Landes- und Bundestagsabgeordnete brachten am Donnerstag prompt Cottbus, Brandenburg an der Havel oder Frankfurt/Oder als Standorte ins Spiel. „Wir sollten die Notwendigkeit eines Umzuges nutzen und den Landesrechnungshof in einer Region ansiedeln, die dadurch gestärkt werden kann“, sagte CDU-Landtagsfraktionschef Ingo Senftleben. „Einen geeigneten Standort außerhalb Potsdams kann ich mir gut in der Lausitz oder der Oder-Region vorstellen.“

Der Rechnungshof, der im Landtag einhundert Büros auf drei Etagen nutzt, war in das neu aufgebaute Parlamentsgebäude gewissermaßen als Platzhalter für eine mögliche Fusion Brandenburgs und Berlins gezogen, damit in diesem Fall auch ein gemeinsames Parlament genug Platz hätte. Doch schon länger ist für Brandenburgs Politik, wie der Vorstoß einmal mehr zeigt, ein gemeinsames Bundesland nicht einmal mehr langfristig ein Thema.

Der Rechnungshof selbst verschließt sich konstruktiven Gesprächen über eine neue Bleibe nicht, will aber schon wegen der Nähe zu Regierung und Ministerien gern in der Landeshauptstadt bleiben, wie Rechnungshofpräsident Christoph Weiser den PNN sagte: „Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht begeistert, da sie zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Jahren umziehen sollen. Denn für den damaligen Umzug von der Dortustraße in das Landtagsgebäude gab es ja nur den Grund, Platzhalter für die Berliner Abgeordneten im Fall einer Fusion der Länder Berlin und Brandenburg zu sein“, so Weiser. „Damit war bei aller Zurückhaltung ja von einer langfristigen Unterbringung auszugehen. Gleichwohl wollen wir uns konstruktiv verhalten und zusammen mit den zuständigen Stellen im Land nach einer anderen Bleibe in Potsdam umsehen. So ist das auch mit der Landtagspräsidentin abgesprochen.“

Ungewöhnlich ist die Begründung, mit der das Parlament den Rechnungshof aus dem Landtagsschloss zu drängen versucht. In einem aktuellen Schreiben vom 23. Januar 2018 an den Rechnungshofpräsidenten hat Landtagspräsidentin Britta Stark den mit den Spitzen aller Fraktionen abgestimmten Vorstoß nämlich vor allem damit erklärt, dass nach der Landtagswahl 2019 Raumnot droht, weil dann der Einzug einer weitere Fraktion in den Landtag zu erwarten sei. Nach den Umfragen und Ergebnissen der letzten Wahlen käme dafür allein die FDP in Frage, die 2014 den Wiedereinzug in den Landtag verpasst hatte. „Die Entwicklung des Wahlverhaltens in Deutschland lässt den Einzug einer weiteren Fraktion nach der kommenden Landtagswahl 2019 zunehmend wahrscheinlich erscheinen“, so Stark. „Die Unterbringung einer dann sechsten Fraktion ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen dann nicht mehr zu realisieren.“ Schon jetzt seien die Raumkapazitäten im Landtag ausgereizt, so die Präsidentin. Der Raumbedarf, etwa für Untersuchungsausschüsse und Enquete-Kommissionen sei ständig gestiegen. Stark mahnt, dass eine Entscheidung müsse kurzfristig noch vor der Landtagswahl 2019 getroffen werden müsse.

Die Karten für die prosperierende Landeshauptstadt Potsdam, die Sitz von Regierung, Parlament und Gerichten ist, aber im Landtag kaum eine Lobby hat, stehen in diesem Poker nicht gut. Gegenüber den PNN brachte die CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Brandenburger frühere Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) am Donnerstag umgehend die Havelstadt als Standort für die oberste Finanzkontrollbehörde des Landes ins Spiel. „Es findet sich garantiert ein geeignetes repräsentatives Gebäude“, sagte Tiemann. So werde die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in diesem Jahr aus der Stadt wegziehen. Der Lausitzer Linke-Landtagsabgeordnete Matthias Löhr warb für Cottbus. Und der Linke-Landtagsabgeordnete René Wilke, der in seiner Heimatstadt bei der bevorstehenden Oberbürgermeisterwahl kandidiert, sprach sich für Frankfurt an der Oder als neuen Sitz des Landesrechnungshofes aus. Die Stadt der Viadrina, das Tor zum Osten, sei wunderbar als Sitz des Rechnungshofes geeignet, sagte Wilke. „In Frankfurt gibt es geeignete Immobilien.“ Und für die Finanzprüfer, die nach Potsdam fahren, gebe es mit dem bald noch schnelleren Regionalexpress 1 eine gute Verbindung.

„Ich halte davon nichts. Die Verfassungsorgane Landtag, Landesregierung, Landesverfassungsgericht und Landesrechnungshof sollten meiner Ansicht nach in der Landeshauptstadt ansässig sein“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Axel Vogel. Ein solcher Vorschlag sei umso unverständlicher als Rot-Rot sich gegen den Grünen-Vorschlag ausgesprochen habe, dem Rechnungshof die Prüfzuständigkeit für die Kreise und kreisfreien Städte zurückzugeben. Er prüfe also im Wesentlichen zentral gelegene Verwaltungen. Die Potsdamer Landtagsabgeordnete und frühere SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz hielt sich erst einmal zurück. „Das Thema sollte auf der nächsten Sitzung des Haushaltskontrolllausschusses im Landtag auf die Tagesordnung. Darüber muss diskutiert werden.“

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