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Auch der Nachwuchs hat Hunger. Bei Binnenfischern sind Kormorane keine beliebten Gäste. Sie machen die einst beinahe ausgestorbenen Vögel für erhebliche Verluste verantwortlich. Nun fordern die Fischer, dass der Artenschutz für die Kormorane gelockert werden soll.

© Stefan Sauer/dpa

Brandenburg: Räuber im Visier

Binnenfischer fordern Lockerung des Artenschutzes von Kormoranen. Naturschützer sehen keinen Bedarf

Storkow - Kormorane, Biber, Fischotter & Co: Märkische Binnenfischer möchten stärker gegen diese Fischräuber vorgehen. Bei einem Besuch des zuständigen EU-Kommissars Karmenu Vella in Storkow (Oder-Spree) trugen sie ihm ihre Sorgen vor. Zu starre Naturschutzvorschriften sorgten für massive Probleme im Fischereiwesen, betonte Lars Dettmann vom Landesfischereiverband (LFV). Die Umwelt habe sich dank der vielen Ge- und Verbote massiv erholt. Das könne man an der gewachsenen Kormoranpopulation ablesen, erklärte er.

Deutschlandweit gibt es nach Angaben des Deutschen Fischereiverbands wieder 100 000 Kormorane. Noch um 1920 galt der Ruderfüßler europaweit als praktisch ausgerottet. Seit der Wende jedoch haben sich die Bestände deutlich erholt. Angaben des Landes Brandenburg zufolge lebten 1990 noch 70 Brutpaare zwischen Uckermark und Lausitz, 2001 waren es bereits mehr als 2800.

„Das schadet mehr und mehr uns Fischern, weil viele ihre Betriebe in und an „Natura 2000“-Schutzgebieten haben.“ Es bestehe zwischen Natur und Fischereiwesen kein Gleichgewicht mehr, betonte Dettmann. Trotz massiver EU-Förderung – die Gemeinschaft unterstützt bis 2020 märkische Fischer mit rund 22 Millionen Euro – gehe es vielen Fischereibetrieben zwischen Elbe und Oder durch ein Mehr an geschützten Tierarten schlecht.

„Es geht uns um leben und leben lassen“, kommentierte Gregor Beyer vom Forum Natur Brandenburg. Er freue sich darüber, dass sich bedrohte Tiere erholt haben. „Es muss aber möglich sein, auch einzugreifen, sodass es zu einem Artenmanagement kommt, dass es sowohl Kormorane und Biber gibt, aber auch weiterhin möglich ist, wirtschaftlich Fisch zu produzieren“, betonte Beyer.

EU-Kommissar Vella erklärte, dass einseitige Lockerungen nichts brächten. Über Anpassungen im europäischen Artenschutz müsse mit allen Akteuren wie Umweltorganisationen, Fischern und Regierungen gesprochen werden. „Wenn alle an einem Tisch sitzen, kann das Ergebnis von keiner Seite angegriffen werden“, sagte Vella. Es müsse ein flexibler Ansatz gefunden werden, wie Ökosysteme gemanagt werden können, unterstrich der Malteser. Er versprach Dettmann, sich für einen „Interessenausgleich“ starkzumachen. Ohne das Engagement etwa der Fischer in den „Natura 2000“-Gebieten könnte wichtiger Lebensraum für geschützte Arten verloren gehen.

Brandenburgs Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) sprach sich auch für einen flexibleren Umgang mit geschützten Arten aus. Das Bundesamt für Naturschutz betrachte nur absolute Zahlen und gehe nur marginal auf regionale Unterschiede ein. In Brandenburg lebten aber proportional sehr viel mehr Biber, Otter und Wölfe als andernorts, sodass Konflikte mit Agrarbetrieben vorprogrammiert seien. Der Minister kündigte an, den Umgang mit geschützten Arten auf einer Umweltministerkonferenz mit dem Ziel zu thematisieren, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Tiere und der Agrarbetriebe zu schaffen.

In Brandenburg werden rund 75 000 Hektar Fluss- und Seenflächen bewirtschaftet. Dazu kommen noch einmal 4000 Hektar Teichlandschaft. Dass der Kormoran daran schuld sein soll, dass sich mit Binnenfischerei nur schwer Geld verdienen lässt, will Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Brandenburg, so nicht stehen lassen. „Die Probleme, die die Fischer haben, werden immer entlang des Naturschutzes diskutiert, aber mit Blick auf deren gesellschaftliche Leistung, die sie bringen.“ Die Pflege der Teichlandschaften, die auch Biotope seien, müsste einfach viel stärker honoriert werden, sagte Kruschat am Montag. „Der richtige Adressat dafür ist das Land.“

Ohnehin seien die Möglichkeiten zur Reduzierung der Schäden durch den Kormoran in der entsprechenden Landesverordnung bereits geregelt, sagte der BUND-Chef auf PNN-Anfrage. Seien Schäden nachweisbar, könnten Vergrämungsmaßnahmen durchgeführt werden und auch Abschüsse erfolgen. „Dafür müssen nur die entsprechenden Anträge gestellt werden.“ (mit mat)

Georg-Stefan Russew

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