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Brandenburg: Privatsender wegen Sexismus in der Kritik

Beitrag über Mitarbeiterin eines CDU-Landtagsabgeordneten löst in der Landespolitik eine Debatte aus

Potsdam - Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg prüft wegen Sexismusvorwürfen einen Beitrag des privaten Fernsehsenders SKB TV aus Brandenburg/Havel. In dem rund acht Minuten langen Beitrag war vergangene Woche eine 19 Jahre alte Mitarbeiterin des CDU-Landtagsabgeordneten Andreas Gliese vorgestellt worden – als Beispiel für junge Menschen, die sich für Politik interessieren und engagieren.

Der Beitrag über „die jüngste Mitarbeiterin des Brandenburger Landtags“ hat in der Landespolitik ein breites Echo ausgelöst. „Wenn jemand wissen will, was Sexismus in Reinkultur in Politik und Medien ist, der wird hier fündig“, kommentierte die Linke-Landtagsabgeordnete Andrea Johlige. Auch in der CDU-Landtagsfraktion sorgte der Beitrag für Entsetzen, offiziell äußerte sich die Fraktion aber nicht. Die 19-Jährige war in dem Beitrag als „diese attraktive Lady“ vorgestellt worden, der Titel des Stücks: „Politik als Beruf: Karriere im Landtag.“ Dabei wurde auch ihr Gesäß eingeblendet. In anderen Szenen blickte ein Politiker ihr in den Ausschnitt. Befragt wurden nicht nur der Landtagsabgeordnete Gliese, sondern auch Politiker von SPD und Linke, darunter Ministerpräsident Dietmar Woidke und Finanzminister Christian Görke. Die waren teils sichtlich überrumpelt. Der Sender drehte etwa beim Neujahrspresseempfang von Landtag und Landesregierung im Januar. Der Ko-Autor des Beitrags war nach Aussagen mehrerer Beteiligter mit der 19-Jährigen an den Drehtagen sogar verbandelt.

In einer Szene lobte Sozialministerin Diane Golze (Linke) das Interesse der 19-Jährigen für die Landespolitik – dann der Schnitt auf den Ausschnitt der Frau mit Brandenburg-Adler am Revers, die Hintergrundmusik schallt: „Sexy.“ Dann ist Finanzminister Görke im Bild, dazu die Stimme aus dem Off: „Auch unser Finanzminister hat mittlerweile ein Auge auf die attraktive Brandenburgerin geworfen.“ Der lässt sich mit den Worten zitieren: „Es geht nicht um jung und hübsch. Es ist entscheidend, ob man offen ist.“ Der Abgeordnete Gliese lobte seine persönliche Mitarbeiterin: „Sie sorgt für ein positives Betriebsklima. Und die Intelligenz ist wirklich nicht von der Hand zu weisen.“

Am Dienstag befasste sich der Medienrat der Medienanstalt mit dem Fall und will nun einen Verstoß gegen journalistische Standards prüfen. Die Medienanstalt forderte den Beitrag bei dem privaten TV-Sender aus Brandenburg/Havel an, wie eine Sprecherin den PNN bestätigte. Die Medienanstalt lizensiert die privaten Rundfunk- und TV-Sender in der Hauptstadtregion. Zugleich überwacht sie die Einhaltung der Programmgrundsätze. Ob die Anstalt in dem konkreten Fall wegen der Sexismusvorwürfe einschreitet, etwa eine Rüge erteilt oder ein Bußgeld erhebt, sei noch offen, sagte die Sprecherin. Zunächst wolle man den Beitrag sichten und den Sender anhören. Zugleich werde geprüft, ob die MABB auch zuständig sei.

Der Sender selbst bestreitet das. Ein Anwalt werde sich darum kümmern, hieß es auf Anfrage. Der Beitrag sei zunächst nur auf der Facebookseite des Senders verbreitet worden, erklärte SKB TV. Es habe mehrere schriftliche Beschwerden von Frauen dagegen gegeben. Zudem habe die 19-Jährige selbst darum gebeten, dass der Beitrag wieder gelöscht werde. Das sei Sonntag geschehen. Die geplante Ausstrahlung im Kabelsender sei abgesagt worden. Da der Beitrag nur bei Facebook zu sehen war, sei die Medienanstalt nicht zuständig, teilte der Sender mit.

Pikant an dem Fall ist: Erst im Dezember hatte der Landtag entschieden, lokale TV-Sender stärker fördern zu wollen. Die Begründung: Es bestehe „ein hohes Interesse an einem qualitativ hochwertigen lokalen und regionalen Informationsangebot im Fernsehen“. Und weiter: Die Brandenburger Lokal-TV-Anbieter trügen „zur Ausprägung von lokaler und regionaler Identität bei“. Alexander Fröhlich

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