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Grünen-Fraktionschef Axel Vogel.

© Simone Diestel

Polnische Atompläne: Grüne kündigen Beschwerde an

UPDATE. Deutschland steigt aus der Atomkraft aus, Polen will mit mehreren Meilern einsteigen. Die Grünen werfen Warschau jetzt vor, Bedenken der Nachbarländer zu ignorieren. Außerdem würden die Risiken der Kernkraft verharmlost.

Potsdam - In Ostdeutschland wächst der Widerstand gegen die Pläne des Nachbarlandes Polen zum Bau mehrerer Kernkraftwerke. Nach Überzeugung der Bündnisgrünen verstößt das Atomprogramm gegen EU-Recht. Dabei beruft sich die Partei auf ein am Montag vorgestelltes Gutachten, das die grünen Landtagsfraktionen von Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern in Auftrag gegeben haben. Dies bescheinigt dem Vorhaben der Warschauer Regierung „schwerwiegende inhaltliche Fehler und Lücken sowie Verstöße gegen europäische Recht“. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) äußerte sich besorgt. Polen will mehrere Atomkraftwerke bauen, als Standorte sind auch solche in der Nähe zur deutschen Grenze im Gespräch. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Potsdamer Landtag, Axel Vogel, kritisierte, dass die Risiken der Kernenergie von der polnischen Regierung teils unzutreffend und sehr unvollständig beschrieben würden. Diese gehe davon aus, dass schwerwiegende Havarien einmal pro eine Million Jahre passierten. „Bereits die Atomkatastrophen von Harrisburg und Tschernobyl haben die These, dass sich ein Super-Gau nur einmal pro eine Million Jahre ereignet, widerlegt“, heißt es in dem Gutachten einer Berliner Rechtsanwältin. Die Ereignisse in Fukushima im März hätten die mit der Hochrisikotechnologie Kernenergie verbundenen Gefahren erneut in aller Deutlichkeit vor Augen geführt. Auf die Ereignisse in Japan werde in dem Verfahren zum polnischen Atomprogramm aber an keiner Stelle eingegangen. Die Grünen kritisieren auch, dass Polen den Einstieg in die Atomenergie beschlossen habe, ohne dass es vorab „grenzüberschreitende Konsultationen“ gegeben habe. Diese sehe das EU-Recht aber vor. Auch Alternativen wie der Ausbau erneuerbarer Energien seien nicht geprüft worden. Die Grünen forderten Bundes- und Landesregierungen auf, die „Verfahrensfehler“ deutlich zu machen und sich in Brüssel bei der EU zu beschweren. In Brandenburg richtete sich die Aufforderung insbesondere an Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der am Montag zu politischen Gesprächen in Warschau erwartet wurde. Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Sellering verwies auf das Vorhaben Deutschlands, aus der Kernkraft auszusteigen. „Da sehen wir natürlich alle Planungen sehr kritisch, die darauf hinauslaufen könnten, dass in der Nähe der deutschen Grenze Atomkraftwerke errichtet werden“, sagte Sellering laut einem Regierungssprecher. Das polnische Atomprogramm und die Kurzfassung eines Umweltberichts liegen seit Oktober auf Deutsch vor. Bis zum 4. Januar 2012 können Bürger Stellungnahmen beim polnischen Wirtschaftsministerium einreichen. Nähere Infos gibt es auf der Internetseite des brandenburgischen Umweltministeriums.

Die polnischen Atompläne will auch Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) bei seinem zweitägigen Polen-Besuch ansprechen, zu dem er heute in Warschau erwartet wurde. Er will dort Gespräche mit Vertretern der neuen polnischen Regierung führen, wie die Staatskanzlei ankündigte. So werde er unter anderen mit Vize-Ministerpräsident Waldemar Pawlak zusammentreffen. Am Dienstag steht ein Gespräch mit Ex-Staatspräsident Aleksander Kwasniewski auf dem Programm. Platzeck will zudem mit den Spitzen der Hauptstadt-Wojewodschaft Masowien zusammenkommen. Die knapp 5,2 Millionen Einwohner zählende Region ist seit dem Jahr 2002 eine der Brandenburger Partner-Wojewodschaften. Haupthema des Besuchs sollen aber grenzüberschreitende Projekte zwischen Brandenburg und Polen sein sowie der ausbau der Bahnstrecke Berlin-Stettin. dpa/PNN

Haiko Prengel

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