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"Ökologische Katastrophe": Tausende Fische in der Schwarzen Elster erstickt

Im Elbe-Elster-Kreis sind tausende Fische verendet. Angler beklagen eine „ökologische Katastrophe“. Ursache sollen auch die Bauarbeiten an der Erdgastrasse „Eugal“ sein.

Von Sandra Dassler

Bad Liebenwerda/Potsdam - „Das ist eine ökologische Katastrophe“, sagt Gunter Gasde, der Gewässerverantwortliche im Kreisanglerverband Bad Liebenwerda. Ende Juni war er von Mitgliedern, aber auch von Anwohnern und Spaziergängern darüber informiert worden, dass viele tote Fische in der Schwarzen Elster treiben würden.

Gasde fuhr sofort los, nahm „seinen“ Abschnitt des 180 Kilometer langen Flusses, der in Sachsen entspringt, durch Brandenburg führt und bei Elster in Sachsen-Anhalt in die Elbe mündet, in Augenschein. „Am Anfang sah es gar nicht so schlimm aus“, sagt er: „Aber dann kam ich ans Wehr bei Neumühl, wo es eine Fischleiter gibt. Und dort sammelten sich die toten Tiere zu Hunderten: Karpfen, Barsche, Rotfedern, Plötze, Bleie, auch die streng geschützten Gründlinge und Bitterlinge.“

Es gibt Vermutungen

Nicht nur dem langjährigen Angler blutete bei diesem Anblick das Herz. Anwohner berichteten, dass ihre Kinder wegen der toten Fische weinten. Gunter Gasde vermutete, dass das massenhafte Fischsterben auf einer Flusslänge von 24 Kilometern zwischen Plessa und Wahrenbrück auf eine Verschmutzung durch eingeleitetes saures Wasser aus den Altbergbaugebieten um Plessa und Lauchhammer zurückgehen könnte. In Plessa, wo der Hammergraben, der eigentlich aus drei Kanälen besteht, in die Schwarze Elster fließt, stellte er einen ph-Wert unter 4,5 fest. Neutral sei ein Wert von 7, heißt es beim brandenburgischen Anglerverband. Bei einem niedrigeren ph-Wert, also einer sauren Umgebung, würden die Kiemen der Fische angegriffen. Sie ersticken.

Die starke Versauerung der Schwarzen Elster hänge natürlich auch damit zusammen, dass der Fluss durch die anhaltende Trockenheit extrem wenig Wasser führe, sagt Gasde: „Das kann sich nicht verdünnen, wenn dann die gleichen oder gar mehr Mengen von belastetem, saurem Wasser eingeleitet werden.“

Genau das aber sei derzeit der Fall und zwar nicht wegen der Altlasten aus den ehemaligen Braunkohle-Tagebauen, wie anfangs angenommen. „Nach Auskunft der Behörden des Landkreises Elbe-Elster deutet alles darauf hin, dass das Fischsterben durch die Einleitung sauren Grundwassers im Zuge der Baumaßnahme der Eugal-Erdgastrasse verursacht wird." teilt der Landesanglerverband nun mit.

„ Eugal“ ist eine 480 Kilometer lange Europäische Gasanbindungsleitung für russisches Erdgas, die von der Ostseeküste bis zur sächsisch-tschechischen Grenze weitgehend parallel zur bereits bestehenden Opal-Pipeline verläuft. Die Tiefbauarbeiten dazu hätten im Elbe-Elster-Kreis Mitte Mai begonnen, sagte der Geschäftsführer des Anglerverbandes, Andreas Koppetzki, am Sonntag dieser Zeitung: „Auch wenn die Trassenbauer bestreiten, die Katastrophe verursacht zu haben, bleiben wir bei unserer Meinung."

Grundwasser sei sowieso schon saurer als Oberflächenwasser, argumentiert er. Bei den Bauarbeiten zur Verlegung der Trasse komme es mit Sauerstoff in Verbindung und werde noch saurer. Trotzdem leite es die zuständige Gascade Gastransport GmbH in das vorhandene landwirtschaftliche Grabensystem ein, wodurch es in die Schwarze Elster gelange.

Unternehmen wehrt sich

Die Sprecherin der Gascade Gastransport GmbH, Tatjana Bernert, bezeichnet die Vorwürfe als unzutreffend. Man leite nur noch Restmengen in die Gräben, deren ph-Wert liege weit über den in der Schwarzen Elster gemessenen Werten. Das werde von den Behörden ständig kontrolliert.

Angler, Umweltschützer und offenbar auch einige Politiker bezweifeln allerdings, dass die Behörden ihrer Kontrollfunktion tatsächlich nachkommen. Der umweltpolitische Sprecher der CDU- Fraktion, Dieter Dombrowski, der sich vor einigen Tagen an der Schwarzen Elster ein Bild von der Lage machte, warf den Behörden Versagen vor. Er wisse - auch durch mehrere Anfragen im Landtag, dass das Problem bekannt gewesen sei, aber lange ignoriert wurde. „Das Landesbergamt ist sehr unternehmerfreundlich“, sagte er am Sonntag: „Die Genehmigungen zum Einleiten des Wassers von den Eugal-Baustellen in die Schwarze Elster an drei Stellen wurden in Rekordzeit erteilt, die Warnungen der Unteren Wasserbehörde wegen des niedrigen ph-Wertes lange ignoriert.“ Für Dombrowski besteht kein Zweifel, dass die Eugal-Bauarbeiten die Umweltkatastrophe ausgelöst haben. „Die Zuflüsse aus den Tagebauen gibt es seit Jahren, da ist nie so etwas Schlimmes passiert“, sagte er. Wegen des Verdachts einer Umweltstraftat hat er nun Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet.

Aufarbeitung angekündigt

Man werde die Ursachen gründlich untersuchen, kündigte der Leiter der Abteilung Wasser und Boden im Umweltministerium, Kurt Augustin, an. Auch hinsichtlich der Genehmigungen und Kontrolle werde es eine gründliche Aufarbeitung geben, sagte er. Schließlich gehe es neben der Verhinderung solcher Vorfälle auch darum, wer die entstandenen Kosten übernehme.

So will man als Sofortmaßnahme an drei Stellen der Schwarzen Elster Aufbereitungsanlagen in Betrieb nehmen, die den ph-Wert verbessern. Außerdem müssen die toten Fische entsorgt werden. Etwa sechs Tonnen werden es sein, schätzen Angler wie Gunter Gasde. Und traurig setzt er hinzu: „Es wird sehr lange dauern, bis wir hier wieder einen normalen, lebenden Fluss haben.“

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