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Urteil. Bei Großveranstaltungen bleiben die Läden künftig vorerst geschlossen.

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Brandenburg: Nimmer wieder sonntags Gericht kippt Berliner verkaufsoffene Tage

Berlin - Seit 2009 gilt das Berliner Ladenöffnungsgesetz in seiner jetzigen Form. Der Senat legt pro Jahr acht Sonntage fest, an denen die Läden aus Anlass besonders wichtiger Veranstaltungen öffnen dürfen.

Berlin - Seit 2009 gilt das Berliner Ladenöffnungsgesetz in seiner jetzigen Form. Der Senat legt pro Jahr acht Sonntage fest, an denen die Läden aus Anlass besonders wichtiger Veranstaltungen öffnen dürfen. Jahrelang akzeptierte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Berlin dieses Verfahren. Als die Senatsarbeitsverwaltung im November dieses Jahres die ersten drei Termine für 2018 – zur Grünen Woche (28. Januar), zur Berlinale (18. Februar) und zur ITB (11. März) – festlegte, zog Verdi hier erstmalig vor Gericht. Das Verwaltungsgericht gab der Gewerkschaft recht. Nach Auffassung der vierten Kammer reicht allein der Umstand, dass ein Ereignis „berlinweite Bedeutung“ hat, für ein öffentliches Interesse an einer ausnahmsweisen Ladenöffnung am Sonntag nicht aus.

Je weitreichender die Freigabe der Ladenöffnung in räumlicher und zeitlicher Hinsicht sowie in Bezug auf die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen sei, umso höher müsse angesichts der stärkeren werktäglichen Prägung des Sonntages das Gewicht der für die Ladenöffnung angeführten Sachgründe sein, heißt es in dem Beschluss. Da die Veranstaltungen jeweils mehrtägig seien, könnten die Besucher auch werktags einkaufen. Die Senatsverwaltung für Arbeit kündigte an, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einzureichen. In der Hauptsache wird ohnehin erst später entschieden. Eine inhaltliche Bewertung der Gerichtsentscheidung wollte die Senatsverwaltung nicht abgeben.

Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, sprach von einer „schlechten Nachricht für den Einzelhandel“, für die Gäste der Stadt und vor allem für die Beschäftigten. Ähnlich äußerte sich die Industrie- und Handelskammer. Busch-Petersen bezeichnete das Vorgehen der Gewerkschaft als einen „ideologischen Kampf der Funktionäre“ gegen die Interessen der Arbeitnehmer. Verdi habe über Jahre hinweg Urteile in anderen Bundesländern gesammelt. Sollte diese Entscheidung im Hauptverfahren Bestand haben, drohe in der Stadt ein Abbau von Arbeitsplätzen im Einzelhandel im vierstelligen Bereich.

„Die Entscheidung setzt ein wichtiges Zeichen gegen zuletzt erhobene Forderungen, die Öffnungsmöglichkeiten an Sonn- und Feiertagen und die Sonntagsarbeit allgemein noch weiter auszudehnen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft. Das Gericht habe festgestellt, dass der Anspruch auf Sonntagsruhe schwerer wiege, sagte Petra Ringer, bei Verdi zuständig für den Einzelhandel. Sie verwies auf die anderswo erfolgreichen Klagen: „Jetzt war Berlin dran.“

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, stellte die Frage, ob der Senat die richtige Kanzlei für das Verfahren beauftragt habe. „Möglicherweise ist es ratsam, dabei auch Experten hinzuzuziehen, die sich mit dem Thema seit Längerem beschäftigen“, sagte Gräff. Die jetzige Entscheidung sei „ein schwerer Schlag für den Wirtschaftsstandort“.

Zuletzt wurde das Berliner Ladenöffnungsgesetz – das als das liberalste in Deutschland gilt – vor acht Jahren reformiert. Damals hatte es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegeben, wonach im Advent nur zwei Sonntage statt der zuvor geplanten vier Sonntage geöffnet haben dürfen. Die Zahl der über das Jahr verteilten Sonntagsöffnungen – neben den vom Senat festgesetzten acht Terminen können die Händler zwei weitere etwa zu einem Jubiläum oder einem Kiezfest benennen – beanstandeten die Verfassungsrichter jedoch nicht. Sigrid Kneist

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