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Brandenburg: Ness: Gezeigte Reue verdient auch Respekt

Potsdam - Bei der politischen Bewertung und der Frage nach möglichen Konsequenzen waren sich die großen Parteien im brandenburgischen Landtag gestern weitgehend einig. Vor Pauschalurteilen wurde gewarnt, angesichts der vergangenen Jahrzehnte sogar um Respekt für reuige, einstige Stasi-Mitarbeiter geworben.

Von Matthias Matern

Potsdam - Bei der politischen Bewertung und der Frage nach möglichen Konsequenzen waren sich die großen Parteien im brandenburgischen Landtag gestern weitgehend einig. Vor Pauschalurteilen wurde gewarnt, angesichts der vergangenen Jahrzehnte sogar um Respekt für reuige, einstige Stasi-Mitarbeiter geworben. Eine erneute generelle Überprüfung aller ehemaligen Stasi-Mitarbeiter, die noch heute im Dienst der Landespolizei stehen, wurde abgelehnt.

Dieter Dombrowski, Generalsekretär der märkischen CDU, forderte zwar eine erneute Einzelfallprüfung bei betreffenden Polizeibeamten in Führungspositionen. Er warnte jedoch davor, die Polizei in Brandenburg unter Generalverdacht zu stellen. Auch SPD-Generalsekretär Klaus Ness sprach sich gegen eine erneute flächendeckende Überprüfung aus. Der SPD-Politiker fügte hinzu, 20 Jahre nach dem Mauerfall müssten auch bei ehemaligen Stasi-Mitarbeitern die Leistungen aus heutiger Sicht beurteilt werden. Wer sich für seine Stasi-Mitarbeit entschuldigt habe und seit 20 Jahren der Demokratie diene, verdiene auch Respekt.

Hans-Jürgen Scharfenberg, innenpolitischer Sprecher der Linke-Landtagsfraktion, hält eine erneute Überprüfung der ehemaligen MfS-Mitarbeiter sogar generell für überflüssig. Wer sich in den vergangenen knapp 20 Jahren als loyaler Landesbediensteter erwiesen habe, sollte vor weiteren Nachforschungen verschont bleiben. „Natürlich kann man über die Qualität der damaligen Einzelfallprüfungen streiten“, räumte Scharfenberg ein. Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Kerstin Kaiser, sagte hingegen, sie gehe davon aus, dass die Überprüfungen bei der Polizei in den Jahren 1990 bis 1996 mit größter Sorgfalt vorgenommen wurden. „Es gibt für uns keinen Anlass, an den Ergebnissen von runden Tischen und verschiedenen Kommissionen zu zweifeln.“ Es sei normal, dass in Jubiläumsjahren solche Diskussionen wieder aufflammen würden. „Wir sind darauf eingestellt, dass man auch uns viele Fragen stellen wird.“ Sowohl Kaiser als auch Parteichef Thomas Nord waren nach eigenem Bekunden informelle Mitarbeiter der Staatssicherheit.

Anders als die Parteien im Landtag verlangt die brandenburgische Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm (Bündnis 90/Die Grünen) eine kompromisslose Aufklärung: „Klar muss sein, dass jemand, der im Dienste des MfS Schuld auf sich geladen und anderen Menschen geschadet hat, heute im Polizeidienst fehl am Platze ist.“ Anders als bei dem Überprüfungsverfahren aus den Jahren 1990, 1991 und danach solle deshalb in jedem Einzelfall die konkrete Tätigkeit überprüft werden, forderte Behm.

Das Brandenburger Innenministerium versicherte gestern, dass damals Mitarbeiter von Ministerium und Polizei mehrfach nach einheitlichen, von der damaligen Landesregierung festgelegten Verfahren und Kriterien überprüft wurden. Sobald neue Erkenntnisse vorlägen, würden die Betreffenden zudem einer erneuten Einzelfallprüfung unterzogen, sagte Ministeriumssprecherin Dorothee Stacke. Noch 1996 waren nach Angaben des Innenministeriums 164 ehemalige hauptamtliche MfS-Mitarbeiter in der Landespolizei tätig. Ebenfalls 242 frühere K1-Mitarbeiter und ein ehemaliger Mitarbeiter des sowjetischen Geheimdienstes KGB.Matthias Matern

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