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Neonazis machen mobil: Brandenburgs Rechtsextreme auf Provokationskurs

Brandenburgs Rechtsextreme rüsten sich für eine Frühjahrsoffensive: Drei Demonstrationen sind nach Szeneinformationen bis Anfang Mai landesweit angemeldet - in Cottbus, Frankfurt (Oder) und in Wittstock.

Von Matthias Matern

Potsdam - Den Auftakt soll der jährliche NPD-Trauermarsch in Erinnerung an die Bombardierung von Cottbus am 15. Februar 1945 machen. Für den 24. März rufen Brandenburgs Neonazis dann zu einer Demonstration unter dem Motto „Raus aus der EU – Grenzen dicht“ in Frankfurt (Oder) auf. Höhepunkt einer dem Land Brandenburg bevorstehenden Frühjahrsoffensive von Neonazis soll dann der 1. Mai werden: Für den Tag der Arbeit haben die „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ einen Aufmarsch in Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) angemeldet.

Nach PNN-Informationen ist Wittstock bislang der einzige Ort in den neuen Bundesländern, in dem die Rechtsextremisten eine Demo zum 1. Mai geplant haben. Daneben wollen die Neonazis an diesem Tag in Dortmund (NRW), Neumünster (NDS) und Rosenheim (Bayern) ihre Aufzüge abhalten. Brisant ist aus Sicht der Sicherheitsbehörden, ob Wittstock der einzige Aufmarsch-Ort für die Freien Kräfte im Osten bleibt. Sollten die Neonazis auch in Sachsen und Thüringen am 1. Mai derartiges planen – was keineswegs ausgeschlossen ist –, würde das die Lage in Wittstock entschärfen. Sollte es bei Wittstock als einzigem Aufmarschort am Tag der Arbeit im Osten bleiben, dann rechnen Sicherheitskreise auch wegen der Berlin-Nähe mit Zusammenstößen der Rechtsextremisten mit linken Neonazi-Gegner. Ein erhebliches Polizeiaufgebot wäre nötig.

Bereits im vergangenen Jahr hatte eine Demonstration der Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland für Schlagzeilen gesorgt. Stundenlang hatte die Polizei in Neuruppin Gegendemonstranten eingekesselt. Der Vorfall hatte landesweit für Empörung gesorgt. Der diesjährige Aufmarsch steht der Ankündigung auf einer rechtsextremen Internetseite zufolge unter dem Motto „Gegen Ausbeutung und Abwanderung – für eine familienorientierte Zukunft“. „Die Anmeldung ist bei uns Anfang der Woche eingegangen und wird derzeit von unserem Stab Rechtsangelegenheit geprüft“, bestätigt der Sprecher der Polizeidirektion Nord, Toralf Reinhardt den PNN. Im März sei zudem ein „Kooperationsgespräch“ mit den Anmeldern geplant. Nähere Angaben wollte Reinhardt allerdings nicht machen.

Laut brandenburgischem Verfassungsschutz sind rund 100 Teilnehmer angemeldet. „Wir rechnen allerdings damit, dass auch Neonazis aus den benachbarten Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen anreisen. Insgesamt könnten es zwischen 150 bis 200 Personen werden“, sagte Verfassungsschützer Axel Heidrich den PNN. Das sei in etwa das rechtsextreme Potenzial der Region: „In Neuruppin waren es etwa 230 Teilnehmer.“ Den harten Kern der Szene in Wittstock selbst schätzt Heidrich auf rund 30 Personen. Dazu kämen noch Leute aus dem Umfeld.

Für deutschlandweites Aufsehen sorgte allerdings 2002 der Tot des Spätaussiedlers Kajrat Batesov. Der damals 24-Jährige war nachts in Wittstock mit einem Freund unterwegs, als die beiden von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen wurden. Letztlich schlug einer der Täter mit einem schweren Stein auf Kajrat Batesov ein. Der in Kasachstan Geborene erlag seinen Verletzungen im Krankenhaus. Bei einem der Festgenommenen entdeckt die Polizei auf dem Display seines Handys ein Adler-Symbol mit Hakenkreuz; daneben die Worte „Immer, ewig“. Der Hauptverdächtige wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt; zwei Komplizen zu sieben und sechs Jahren. Zwei weitere Angeklagte erhielten Bewährungstrafen.

Heidrich geht davon aus, dass die Demonstration ein Versuch der rechtsextremen Partei NPD ist, Wähler für sich zu gewinnen. „Wegen der organisatorischen Defizite der Partei liegt das Potenzial bislang brach“, so der Verfassungsschützer. Einer der Demo-Anmelder sei der 1988 in Neuruppin geborene Marvin Koch, der auch die NPD-Demonstrationen angemeldet hatte und wie seine Schwester Beatrice Koch bereits mehrfach als Redner auf NPD-Veranstaltungen aufgetreten sei. Unbekannt sind dem Verfassungsschutz die „Freien Nationalisten Wittstock“, die ebenfalls zu den Anmeldern zählen. „Dieser Name sagt uns nichts. Vielleicht wurde er nur für die Anmeldung erfunden. Es könnte aber auch sein, dass sich die Szene der Stadt unter dieser Bezeichnung organisieren will“, so Heidrich. (mit axf)

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