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Der Soldatenfriedhof mit dem sowjetischen Ehrenmal.

© Theo Heimann/dapd

Brandenburg: Museum über Schlacht vor den Seelower Höhen wird modernisiert Der Potsdamer Historiker Sebastian Nagel ist Projektleiter für die Neugestaltung der 15 Jahre alten Ausstellung

Seelow - „In jedem Krieg gibt es nur Verlierer. Museen wie diese helfen, das zu verstehen“, hat ein Besucher in das Gästebuch der Gedenkstätte auf den Seelower Höhen geschrieben.

Seelow - „In jedem Krieg gibt es nur Verlierer. Museen wie diese helfen, das zu verstehen“, hat ein Besucher in das Gästebuch der Gedenkstätte auf den Seelower Höhen geschrieben. Solche Einträge gibt es viele in dem dicken Band, in unterschiedlichen Sprachen – der Tenor ist immer gleich. „Das ist genau das, was uns ausmacht: Geschichte zu vermitteln an einem authentischen Ort, wo im April 1945 die schlimmste Schlacht des Zweiten Weltkrieges auf deutschem Boden ausgetragen wurde“, sagt Gedenkstättenleiter Gerd-Ulrich Herrmann.

Damit Besucher noch besser verstehen, welches Leid die Kämpfe zwischen Wehrmacht und Roter Armee im Oderbruch den Soldaten und der Zivilbevölkerung brachten und welche Folgen sie hatten, wird das seit 40 Jahren bestehende Museum umfassend modernisiert. Zunächst wird bis zum 67. Jahrestag der Schlacht im April das unter Denkmalschutz stehende Außengelände restauriert und mit 16 zusätzlichen Infotafeln bestückt. Besucher können sich dann per Audio-Guides in vier Sprachen durch die Gedenkstätte führen lassen.

Zwischen Oktober und Dezember 2012 bleibt das Museum dann für den Innenumbau geschlossen. „Die neue Ausstellung wird sich mit der Schlacht auf den Seelower Höhen und den historischen Zusammenhängen ebenso beschäftigen wie mit der Erinnerung an die Ereignisse hier in Seelow und auf internationaler Ebene“, sagt der Gedenkstättenleiter.

Nach seinen Angaben sollen moderne Medien die Wissensvermittlung in Sachen Zweiter Weltkrieg noch authentischer machen. Am Ende bekommt der Besucher zudem Informationen über Kriegsgräber und noch heute sichtbare Spuren des Krieges zu beiden Seiten der Oder. „Wir sehen uns als Ausgangsort für weitere Exkursionen in die Region. Erst wenn sie das historische Wissen haben, verstehen Besucher, warum es im Oderbruch 69 Kriegsgräberstätten gibt“, sagt Herrmann. Insgesamt 450 000 Euro vom Bund und vom Land Brandenburg fließen in die Umgestaltung des Museums, dessen Träger der Landkreis Märkisch-Oderland ist. Die finanzielle Zuwendung ist laut Herrmann alles andere als selbstverständlich. Mehr als fünf Jahre hat der Militärhistoriker um diese Projektfördermittel gekämpft. Überzeugen konnte er dabei offenbar weniger mit der überregionalen Bedeutung des Museums, als vielmehr mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Geschichtsdarstellung auf den Seelower Höhen zu DDR-Zeiten: Bis zur Wende wurden in der 1972 eröffneten Gedenkstätte vor allem „die ruhmreichen Taten der Roten Armee“ glorifiziert. Nach 1990 drehte sich die historische Betrachtung nach Ansicht des Gedenkstättenleiters „um 180 Grad“. Die Aufarbeitung der Schlacht habe sich vorrangig auf deutsche Quellen gestützt, während russische Dokumente und Zeitzeugen in Vergessenheit gerieten.

Nun geht es um eine ausgewogene Darstellung, sagt Herrmann. Eine Konzeption haben zwei Wissenschaftler erarbeitet, seit dem Herbst vergangenen Jahres wird an der Umsetzung gearbeitet. „Ausgehend von den historischen Ereignissen thematisieren wir die Erinnerung – und zwar mehrsprachig, um der internationalen Bedeutung dieses einstigen Schlachtfeldes gerecht zu werden“, sagt der Potsdamer Historiker Sebastian Nagel, der als Projektleiter für die Neugestaltung fungiert. Die alte Ausstellung sei 15 Jahre alt und überholt, inzwischen gebe es neue wissenschaftliche Erkenntnisse und andere technische Mittel, sagt er. Der Osteuropa-Spezialist findet nicht nur die Aufarbeitung der Kriegsgeschichte spannend, sondern vor allem die Entwicklung der Gedenkstätte, die 1945 als sowjetischer Soldatenfriedhof begann. Die Gräberfelder gibt es noch, ebenso wie das Bronzedenkmal des russischen Soldaten und das Kriegsgerät auf dem Museumsvorplatz.

So wie er hält auch Herrmann die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg in Deutschland für einen Bildungsauftrag. „Wir müssen zeigen, was Krieg bedeutet“, sagt der Gedenkstättenleiter. Die Generation, die vom Weltkrieg noch aus eigenem Erleben berichten kann, existiert kaum noch. Und im Schulunterricht ist seiner Ansicht nach zu wenig Zeit, um das Thema umfassend zu behandeln. Bernd Kluge

Bernd Kluge

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