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Brandenburg: Mit Detektor auf dem Acker

Vor wenigen Jahren grub ein Dachs einen Slawenschatz aus. Blinkendes Gold oder Silber im Acker sind aber Ausnahmen. Hobbyarchäologen sind trotzdem weiter auf der Suche

Brandenburg (Havel) - Der Laie hört nur ein merkwürdiges Knattern; mal hellere, mal dunklere Töne, dazwischen immer ein fiependes Stakkato. Für den Brandenburger Hobbyarchäologen Sieghard Wolter ist es wichtige Musik in den Ohren. Über Kopfhörer deutet er die Signale, die der Metall-Detektor einfängt. „Wenn ich die richtige Frequenz höre, weiß ich: Hier könnte was zu finden sein“, sagt der 50-jährige Dachdecker aus Brandenburg. Seit der Kindheit lässt ihn Heimatgeschichte nicht los.

Wolter ist einer von etwa 150 ehrenamtlichen Hobbyarchäologen, die zwischen Oder und Elbe mit Genehmigung des Landesamtes für Denkmalpflege unterwegs sind. „Wir sind froh, dass die für uns die Augen offenhalten. Und: Sie sind für uns keine Konkurrenz“, sagt Landesarchäologe Thomas Kersting. Die Männer und Frauen - vom Lehrling bis zum Rentner - wollen die Geschichte ihrer Heimat erkunden. „Die meisten sehen sich nicht als Indiana Jones, der auf der Suche nach einem Goldschatz ist“, meint er. Im Land gebe es rund 30 000 bekannte archäologische Fundplätze: aus der Stein- und Bronzezeit, aus der Besiedlung durch die Slawen, dem Mittelalter oder der Neuzeit. „Unzählige sind aber nicht bekannt“, sagt er.

Ehrenamtliche machen auf viele Puzzleteile in der Geschichte des Landes aufmerksam. Regelmäßig bietet das Landesamt für sie Lehrgänge an: Fachleute informieren über die Epochen, erklären Fundstücke oder sagen, was zu tun ist, wenn etwas entdeckt wurde.

25 Brandenburger dürfen auch mit Genehmigung des Landesamtes Metall-Detektoren nutzen. Es seien aber auch illegale Schatzsucher unterwegs: Geräte kosteten nur um die 1000 Euro. Vor allem in der Nähe von Schlachtfeldern des zweiten Weltkriegs graben sie nach militärischen Devotionalien, sagt Kersting. Auf dem Schwarzmarkt werden die Teile verhökert. „Archäologische Funde gehören dem Land und kommen ins Museum. Wer sie nicht abgibt, macht sich strafbar“, sagt der Landesarchäologe. Die Dunkelziffer sei aber sehr hoch.

Die Hobby-Buddler ohne Genehmigung könnten aber wichtige Spuren zerstören, kritisiert Kersting. Bundesweit bekannt wurde der Fall eines illegalen Sondengängers, der in Rheinland-Pfalz einen als einmalig geltenden Barbarenschatz aus der Spätantike fand. Der Finder wurde Anfang des Jahres zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er die Silber- und Goldstücke unterschlagen hatte. Der Wert wurde auf 425 000 bis 575 000 Euro geschätzt.

Schatzgräber entdeckten auch 1999 in Sachsen-Anhalt die 3600 Jahre alte Himmelsscheibe von Nebra - und verkauften sie. Ein Mann und eine Frau, die nach Überzeugung des Amtsgerichts Naumburg den archäologischen Sensationsfund illegal erworben und weiter verkauft haben, wurden 2003 zu Bewährungsstrafen verurteilt. Sie hatten den Fund für 230 000 Mark von einem Hehler gekauft und dann für 700 000 Mark dem Landesarchäologen von Sachsen-Anhalt angeboten. Dieser war zum Schein auf das Geschäft eingegangen - im Jahr 2002.

Für Wolter ist der Gang mit der Sonde über abgemähte Äcker fast wie eine Sucht. Hügelige Flächen nahe am Wasser sind seine Lieblingsplätze. „Das waren ideale Flächen für Siedler“, sagt er. Wo Menschen lebten, haben sie auch etwas hinterlassen, weiß er.

Auf einem Acker bei Götz (Potsdam-Mittelmark) stieß er im Januar vergangenen Jahres auf mehrere Hundert Silbermünzen vom Anfang des 13. Jahrhunderts. Der materielle Wert des knapp zwei Kilogramm schweren Fundes ist Wolter relativ egal. „Mir geht es um die Geschichte, wer hat dort gelebt“, sagt er. Ehrenamtliche haben keinen Anspruch auf einen Finderlohn - allenfalls werden sie in der Fachliteratur erwähnt.

Spektakuläre Funde von Ehrenamtlichen gibt es immer wieder im Land. 2012 wühlte ein Dachs Reste eines Skeletts in einem Gräberfeld aus der slawischen Frühzeit bei Stolpe an der Oder (Uckermark) aus. Das fiel dem Hobby-Archäologen Lars Wilhelm auf. Der stieß dann im Wald auf eine einzelne Silbermünze. Am Ende waren es fast 1000 mit einem Gewicht von fast 600 Gramm. Forscher untersuchen nun, warum die Münzen dort vergraben wurden.

Wolter ist gerade wieder fündig geworden - irgendwo bei Brandenburg/Havel. Genauer sagt er es nicht, um keine Illegalen anzulocken. Sorgsam packt er das schon für die Ablieferung vorbereitete Figürchen aus. Zum Vorschein kommt ein etwa fünf Zentimeter langes filigranes Bronzetier. „Es könnte ein Rind sein“, meint er. Zeitlos schön vom Künstler gearbeitet, war es vielleicht ein Kultgegenstand. „Das muss ich noch erkunden“, meint er.

Gudrun Janicke

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