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Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, mit einem blauen Mund-Nasenschutz mit der Aufschrift «Brandenburg - auch mit Abstand schön». 

© Sören Stache/dpa

Ministerpräsident fährt strikteren Corona-Kurs: Woidke will Bußgelder für Maskenverweigerer

Wenn es keine bundesweite Regelung gibt, will Brandenburg Verstöße selbst ahnden. Der Regierungschef warnt vor Engpässen bei den Corona-Testkapazitäten - und kritisiert Kanzlerin Merkel.

Brandenburg/Havel - Im Land Brandenburg wird es bei Verstößen gegen die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und in Schulgebäuden womöglich doch Bußgelder geben. Brandenburgs Regierung unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und die Kommunen schließen diese Verschärfung auf Landesebene nicht mehr aus, falls keine bundesweite Regelung zustande kommt. Diese Linie ist das wichtigste Ergebnis einer Landrätekonferenz, zu der Woidke am Samstag die vierzehn Landräte, die vier Oberbürgermeister der großen Städte des Landes und die kommunalen Spitzenverbände ins Pauli-Kloster in Brandenburg/Havel geladen hatte. 

"Wir brauchen eine einheitliche Linie in Deutschland" 

Erstmals seit März traf sich diese Runde wieder direkt und nicht mehr in den seit der Corona-Pandemie üblichen Telefonkonferenzen. Vor allem aber holte sich Woidke, der nächste Woche im Landtag eine Regierungserklärung abgibt, von der Kommunalebene Rückendeckung für den Corona-Kurs seiner Regierung. Und für die Ministerpräsidentenkonferenz, die Kanzlerin Angela Merkel für Donnerstag angesetzt hat. 

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Woidke kritisierte die lange Funkstille zwischen Kanzlerin und Länderchefs. Die letzte Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin habe es es vor sieben, acht Wochen gegeben, sagte er. "Das ist viel zu lange her." In der Beratung von Merkel mit den Regierungschefs der sechszehn Bundesländer will Woidke die drohenden Engpässe bei Corona-Testkapazitäten ("Ich bin in großer Sorge")  ansprechen und sich für bundesweite einheitliche Sanktionen bei Verstößen gegen die Maskenpflicht einsetzen. "Wir brauchen eine einheitliche Linie in Deutschland", sagte Woidke. "Wir brauchen ein starkes Signal, dass die Pandemie nicht vorbei ist." 

Es könne nicht sein, dass man "mit dem ICE durch drei Bundesländer fährt und überall andere Regelungen gelten". Auch die Landräte und Oberbürgermeister sehen das so. Denn Verstöße gegen die Maskenpflicht werden auch in Brandenburg zunehmend ein Problem. 

Mit Abstand, aber an einem Strang: Oliver Herrmann (Gemeindebund), Siegurd Heinze (Landkreistag), Ministerpräsident Dietmar Woidke, Brandenburgs Oberbürgermeister Steffen Scheller      
Mit Abstand, aber an einem Strang: Oliver Herrmann (Gemeindebund), Siegurd Heinze (Landkreistag), Ministerpräsident Dietmar Woidke, Brandenburgs Oberbürgermeister Steffen Scheller      

© Thorsten Metzner

Mit dem regulären Schulbetrieb habe sich gezeigt, dass die Maskenpflicht in Schulgebäuden "von einigen Eltern als fakultativ" angesehen wird - das geht nicht", sagte Sigurd Heinze, CDU-Landrat von Oberspreewald-Lausitz, der für den Landkreistag sprach. Wichtig sei auch eine landesweit einheitliche Herangehensweise bei der Um- und Durchsetzung der Maskenpflicht in Schulen und Kitas. "Wenn Appelle nicht reichen, muss repressiv vorgegangen werden", sagte Heinze.  Wenn eine bundesweite Linie nicht zustande kommen, "muss man eben Brandenburger Regelungen erarbeiten." Sonst bekomme man es nicht durchgesetzt. 

Mit dieser Linie, erst Vorstoß auf Bundesebene, notfalls dann Landesrecht, will Woidke zunächst erst einmal in das Gespräch mit der Kanzlerin gehen.        

Kommunen sind zufrieden mit dem Rettungsschirm 

In Brandenburg selbst ziehen, wie auf der Konferenz deutlich wurde, Regierung und Kommunen im Corona-Krisenmanagement im Gegensatz zu früheren Zeiten weitgehend an einem Strang. Die Kommunalebene ist zufrieden mit dem Corona-Rettungsschirm des Landes von 580 Millionen Euro. Die Regierung habe nicht nur administriert, sondern sich eng mit Landkreisen und Kommen abgestimmt, lobte Heinze. 

Dennoch gebe es Optimierungsbedarf, sagte Oliver Hermann, Bürgermeister von Wittenberge und Präsident des Städte- und Gemeindebundes. Ein sich immer mehr verschärfendes Problem für Kreise und Kommunen ist die Finanzlage der Krankenhäuser in Folge der Corona-Pandemie.

In der Konferenz einigte man sich mit dem Land darauf, "über eine Neuausrichtung der Krankenhausfinanzierung  im Land zu sprechen", so Heinze. Es geht dabei vor allem um die Finanzierung von Investitionen, für die das Land zuständig ist. "Wir wollen, dass alle Krankenhausstandorte im Land erhalten bleiben", sagte Woidke. Brandenburg setze sich auf Bundesebene für höhere Fallpauschalen und damit eine bessere Grundfinanzierung der Krankenhäuser ein. Auf Landesebene warnte Woidke vor zu großen Erwartungen. Er verwies darauf, dass in den Haushaltsplanungen für die Folgejahre in Folge von Corona ein Defizit von 1,5 Milliarden Euro klaffe. Trotzdem werde Brandenburg wie bisher die Krankenhäuser mit jährlich rund 110 Millionen Euro unterstützen.   

Vor der Tür wartet der designierte SPD-Kanzlerkandidat

Die Landräte und Oberbürgermeister hatten mit Woidke und der Regierung viel zu besprechen, als es hinter den dicken Klostermauern zur Sache ging. So viel, dass vom Zeitplan nichts übrig blieb, die Pressekonferenz erst eine Stunde später als geplant begann.  

T-Shirt statt Anzug: Vizekanzler Olaf Scholz wollte nur seine Frau Britta Ernst abholen, musste fast eine Stunde warten. 
T-Shirt statt Anzug: Vizekanzler Olaf Scholz wollte nur seine Frau Britta Ernst abholen, musste fast eine Stunde warten. 

© Thorsten Metzner

Draußen vor der Tür harrte derweil in ungewohnter Rolle ein Mann geduldig aus, dem Woidke - er wusste davon nichts - seine Forderungen an die Bundesregierung gleich direkt hätte übergeben können: Es war Olaf Scholz, Deutschlands Vizekanzler und Finanzminister, der nicht aus dienstlichen Gründen am Paulikloster vorgefahren war. Warum dann? "Ich will nur meine Frau abholen", sagte Scholz dieser Zeitung. Das ist bekanntlich Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD). Scholz nahm es gelassen, dass er fast eine Stunde warten musste. Eine ungewohnte Rolle? Seine Antwort: "Überhaupt nicht. Ich bin ein Ehemann." 

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