zum Hauptinhalt

Brandenburg: Linke Minister kämpfen um die Kohle

Ralf Christoffers umd Anita Tack streiten, ob der neue Tagebau Welzow-Süd II energiewirtschafltich notwendig ist

Potsdam - In der brandenburgischen Landesregierung ist ein Kampf um die Zukunft der Braunkohleverstromung in der Lausitz entbrannt. Die beiden von Linke-Politikern geführten Ministerien für Wirtschaft und Umwelt liefern sich eine heftige Auseinandersetzung um den geplanten Braunkohletagebau Welzow Süd II – und im Ergebnis auch um die Klimaschutzziele des Landes. Im Vorfeld der nächsten Sitzung des Braunkohleausschusses im April geht es um die Frage, ob das Planverfahren für den Tagebau überhaupt fortgeführt oder sogar gestoppt werden soll.

Auslöser ist das Anhörungsverfahren der gemeinsamen Landesplanungsbehörde Berlin-Brandenburg zum Braunkohleplan für den Tagebau. Im Ergebnis sind grundsätzliche Änderungen in dem bisherigen Entwurf und eine erneutes Beteiligungsverfahren nötig. Fraglich ist jetzt, ob und wie überhaupt noch stichhaltig begründet werden kann, dass der neue Tagebau Welzow-Süd II auch angesichts der nötigen Umsiedlung von 800 Menschen energiewirtschaftlich notwendig ist. Darum ist jetzt zwischen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers und Umweltministerin Anita Tack (beide Linke), die regelmäßig in der Kohle- und Klimaschutzpolitik über Kreuz liegen, erneut ein heftiger Streit ausgebrochen.

Christoffers ließ ein Gutachten zur „energiewirtschaftlichen Planrechtfertigung im Entwurf des Braunkohleplans“ erstellen. Der Autor, Georg Erdmann, Professor für Energiesysteme an der Technischen Universität Berlin, ist immerhin Mitglied der Expertenkommission der Bundesregierung für die Energiewende. In dem Gutachten begründet Erdmann die Notwendigkeit, den neuen Tagebau ab 2027 aufzuschließen, allein aus dem Bedarf des Kraftwerks Schwarze Pumpe. Dieses soll die Schwankungen beim Strom aus Windkraft- und Solarparks ausgleichen, also die Energiewende absichern, und würde bis mindestens in die 2040er Jahre auf heutigem Niveau gefahren. Zudem will der Energiekonzern Vattenfall zum Ende der 2020er Jahre in Jänschwalde das Kraftwerk durch ein neues ersetzen. Dabei beruft sich Erdmann auf vertrauliche Planungsunterlagen von Vattenfall für die Zeit bis 2050. Demnach soll auch der neue Tagebaue Jänschwalde-Nord erforderlich sein.

Das Gutachten, das den PNN vorliegt, sorgte im Umweltministerium von Anita Tack (Linke) für heftige Reaktionen. Nach Einschätzung des Ressorts wären die Klimaschutzziele in der Energiestrategie 2030 der Landesregierung mit den Empfehlungen des Gutachtens – also dem neuen Tagebau und dem weiteren Volllastbetrieb des Kraftwerks Schwarze Pumpe über 2030 hinaus – nicht zu erreichen, sondern würden deutlich überschritten. Laut Energiestrategie soll der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) von heute jährlich fast 60 Millionen Tonnen auf 25 Millionen Tonnen im Jahr 2030 reduziert werden. Mit den Welzow-Tagebau-Plänen wäre Brandenburgs CO2-Jahresausstoß um vier Millionen Tonnen CO2 höher, also bei fast 30 Millionen Tonnen. In einer schriftlichen Stellungnahme weist das Ministerium zudem zentrale Annahmen des Gutachtens etwa zu den Emissionszertifikaten für das Klimagas Kohlendioxid (CO2), aber auch zur Entwicklung der Rohstoffkosten bei Erdgas oder Kraftwerksneubauten entschieden zurück. Diese seien hinnehmbar und teilweise falsch, hieß es.

Nach einem Krisentreffen am Donnerstag vereinbarten die Ressorts für Umwelt, Wirtschaft und Infrastruktur, dass Erdmann sein Gutachten noch einmal überarbeiten muss. Darüber hinaus will Tack aber auch noch ein Gegengutachten in Auftrag geben. Damit soll verhindert werden, dass der Braunkohleplan trotz der tiefgreifenden Zweifel an der Notwendigkeit doch fortgesetzt wird.

Der Energiekonzern Vattenfall hat im vergangenen Jahr 62,6 Millionen Tonnen Braunkohle aus seinen Tagebauen in der Lausitz geholt. Das waren rund 3 Millionen Tonnen mehr als 2011. Brandenburg hat wegen der Braunkohleverstromung den höchsten CO2-Ausstoß in Deutschland, ein Großteil des Kohlestroms wird außerhalb der Landesgrenzen verbraucht. Vattenfall will von 2027 bis 2042 rund 200 Millionen Tonnen Braunkohle aus dem Tagebau Welzow-Süd II fördern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false