zum Hauptinhalt

Kreisreform in Brandenburg: Landtagstreit um 129 000 Stimmen

Potsdam - Gleich zwei Mal musste der Hauptausschuss im Landtag Brandenburg diesmal seine Sitzung unterbrechen, weil die rot-roten Koalitionäre sich zur Beratung zurückziehen wollten: Am Ende lenkten SPD und Linke am Mittwoch dann ein, hissten notgedrungen die weiße Fahne. Die Staatskanzlei wird nach dem dann einmütig gefassten Beschluss vom Landtag nun doch nicht um eine rechtliche Prüfung gebeten, ob die 129 000 Unterschriften starke Volksinitiative gegen die Kreisgebietsreform überhaupt zulässig sei.

Potsdam - Gleich zwei Mal musste der Hauptausschuss im Landtag Brandenburg diesmal seine Sitzung unterbrechen, weil die rot-roten Koalitionäre sich zur Beratung zurückziehen wollten: Am Ende lenkten SPD und Linke am Mittwoch dann ein, hissten notgedrungen die weiße Fahne. Die Staatskanzlei wird nach dem dann einmütig gefassten Beschluss vom Landtag nun doch nicht um eine rechtliche Prüfung gebeten, ob die 129 000 Unterschriften starke Volksinitiative gegen die Kreisgebietsreform überhaupt zulässig sei. Das macht der Landtag nun selbst.

Wie berichtet, hatte der Beschlussentwurf der beiden Regierungsfraktionen vorgesehen, ausgerechnet die für die Steuerung und Koordinierung des wichtigsten Reformprojektes zuständige Regierungszentrale selbst mit der juristischen Bewertung der Volksinitiative gegen die Kreisgebietsreform zu beauftragen. Und zwar als Grundlage für die vorgeschriebene parlamentarische Entscheidung im Hauptausschuss, wie mit der Volksinitiative weiter verfahren wird. Der von Rot-Rot geplante Sonderweg hatte Misstrauen genährt, dass SPD und Linke die Volksinitiative nun mit juristischen Tricks und Verfahrenskniffen aushebeln und behindern will. Wie berichtet hat die SPD-Landtagsfraktion sogar ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, das die Zulässigkeit prüfen soll.

Der Hauptausschuss beschloss am Ende mit nur einer Enthaltung just das auch bisher im Umgang mit Volksinitiativen im Landtag praktizierte übliche parlamentarische Verfahren: Danach ist nun der Weg frei, dass sich der Innenausschuss mit der Volksinitiative befassen, Sitzungen und Anhörungen planen kann. Der parlamentarische Beratungsdienst des Parlamentes ist beauftragt, bis 6. März eine Prüfung vorzulegen, ob die Volksinitiative zulässig ist. Am 7. März soll der Hauptausschuss dann darüber befinden.

Ehe man zu diesem Ergebnis kam, ging es zur Sache, mit einer ungewöhnlichen Konstellation: Die amtierende Ausschussvorsitzende Saskia Ludwig (CDU) brachte zu Beginn überraschend einen eigen Antrag ein, als Alternative zum rot-roten Entwurf. Und der Ludwig-Antrag entsprach brisanterweise im Wortlaut weitestgehend früheren Beschlüssen des Hauptausschusses zum Umgang mit Volksinitiativen wie zur Massentierhaltung, Windkraft oder gegen eine dritte BER-Startbahn. Damaliger Urheber und Ausschussvorsitzender war der verstorbene Ex-Fraktionschef Klaus Ness (SPD). „Ich habe mich strikt an das gehalten, was der Hauptausschuss bislang gemacht hat“, erklärte Ludwig. Auch Grünen-Fraktionschef Axel Vogel zitierte aus früheren Beschlüssen des Ausschusses, aus Vermerken der Landtagsverwaltung zu früheren Volksinitiativen. Er verwies darauf, dass der von Rot-Rot vorgesehene Weg der Trennung von Exekutive und Legislative widerspreche. Die Volksgesetzgebung in Brandenburg sehe vor, dass der Hauptausschuss selbst die Zulässigkeit von Volksinitiativen prüft. Ein Einschalten der Staatskanzlei sei damit nicht vereinbar. „Ich halte das für absolut unzulässig“, sagte Vogel. Und Peter Vida von den Freien Wählern warf Rot-Rot „olympiareife Ruderkünste“ vor, ausgerechnet bei der Volksinitiative gegen die Kreisreform plötzlich das Verfahren zu ändern.

Das erklärte hingegen Linke–Fraktionschef Ralf Christoffers damit, dass die Koalition so das Verfahren beschleunigen wolle. Zum anderen wolle man mit den Initiatoren ins Gespräch kommen, um Kompromisse auszuloten. Wenn man eins zu eins beim Text der Volksinitiative bleiben würde, seien die nicht möglich. Allerdings darf es im parlamentarischen Verfahren zur Volksinitiative ohnehin keinerlei Veränderungen am Text geben.

Der Initiator der Volksinitiative, der frühere Prignitzer Landrat Hans Lange (CDU), begrüßte den Ausgang der Sitzung, kritisierte SPD und Linke aber scharf. „Das öffentliche Zweifeln an der Rechtmäßigkeit unserer Volksinitiative ist eine Dreistigkeit von SPD und Linke“, sagte Lange. Er hoffe, dass man bei der Regierung jetzt von weiteren Winkelzügen absehe. „Statt juristischer Geplänkel wollen wir den Abgeordneten im Landtag erklären, warum wir das Leitbild zur Kreisreform ablehnen“, sagte Lange. Klar sei, „dass wir dafür auch bereit sind, bis zum Volksentscheid zu gehen und notfalls auch das Verfassungsgericht anzurufen“. Zu Wort meldete sich – in einem Interview mit der Berliner Zeitung – auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Er warf der Volksinitiative gegen die Kreisreform die Verbreitung von Falschinformationen vor. „Was den Leuten erzählt wurde, ist zu großen Teilen falsch“, sagte Woidke: „Schlichte ,Fake News’.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false