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Brandenburg: Keine Leistungsprämie

SPD rückt von Koalitionsvertrag ab und will das Schüler-Bafög auf 125 Euro pro Monat anheben

Potsdam - Es war immer umstritten – auch, ob es überhaupt ein Erfolgsprojekt ist. Und dennoch holt die SPD-Landtagsfraktion nun das Schüler-Bafög wieder aus der Schublade. Fraktionschef Mike Bischoff hatte es in der vergangenen Woche bei der Aussprache zur Regierungserklärung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) um die Krise nach der abgesagten Kreisreform nur als Vorhaben für die verbleibenden zwei Jahre bis zur Landtagswahl 2019 angedeutet: Das Schüler- Bafög soll angehoben werden. In den Reihen der Linksfraktion hatte Bischoff damit vor allem Unverständnis ausgelöst, die Abgeordneten des Koalitionspartners seien vorab nicht darüber informiert worden, hieß es. Zumal die Linke den Vorstoß für untauglich hält, weil es weitaus wichtigere Baustellen gerade in der Bildungspolitik wie bei den Kindertagesstätten gebe, die bislang nicht von der SPD angepackt worden seien.

Auf PNN-Nachfrage sagte die SPD-Abgeordnete Simona Koß, Sprecherin für Bildungspolitik, dass das Schüler-Bafög von derzeit monatlich 100 auf 125 Euro angehoben werden soll. Und das zum nächsten Schuljahr 2018/19. Nicht nur bei den Linken, auch bei den anderen Fraktionen sorgte das für Verwunderung. Denn eigentlich war das Schüler-Bafög von Beginn an vor allem ein Wahlkampfschlager. Der frühere Brandenburger SPD-Generalsekretär Klaus Ness hatte damit für seine Partei bei der Landtagswahl 2009 ein zentrales Thema gesetzt. Verwunderung aber auch, weil die Zahl der Schüler, die die bundesweit einmalige Unterstützung in Anspruch nimmt, sinkt. Die Erstanmeldungen gingen von 1442 im Jahr 2014 auf 1213 im vergangenen Jahr zurück. Die Zahl der Folgeanträge stieg nur leicht von 1273 im Jahr 2014 auf 1318 im vergangenen Jahr. Die Gesamtzahl der Schüler, denen das Landes-Bafög gewährt wird, sank von 2715 auf 2531.

Ein weiterer Grund für die Verwunderung: Der Landesrechnungshof hatte massive Mängel bei der Umsetzung des Projekts festgestellt. In der im Mai 2016 vorlegten Prüfmitteilung hieß es: „Die Prüfung des Verwaltungsvollzugs ergab zahlreiche Anhaltspunkte, dass das Ziel, allen anspruchsberechtigten Schülern die ihnen zustehende Ausbildungsförderung zu gewähren, noch nicht vollständig erreicht war.“ Der Grund: 16 der 18 vom Landesrechnungshof befragten Ämter für Ausbildungsförderung befanden, dass die Information an den Schulen nicht ausreichend war. Ein Drittel der geprüften Erstanträge waren verspätet eingegangen, einem Viertel entging deshalb die Förderung. Sieben Prozent der Empfänger von Schüler- Bafög entging im zweiten Jahr die Zahlung, weil die Ämter für jedes neue Schuljahr Fördergelder verlangt hatten.

Zum Teil kam es zu absurden Begebenheiten: Schüler konnten die Anträge auch online im Internet stellen. Doch dafür wäre ein Personalausweis mit elektronischem ID-Chip sowie ein geeignetes Kartenlesegerät nötig. Doch genau darüber, so monierte der Rechnungshof, verfügten gerade finanziell bedürftige Eltern und Schüler nicht. Auch sonst genügte das Antragsformular aus Sicht des Rechnungshofs „nicht den Anforderungen an einen förderfreundlichen Verwaltungsvollzug“. Obendrein gab es nicht einmal eine Förderstatistik, in der alle Anträge und die bewilligten Fälle aufgelistet waren.

Inzwischen, so heißt es aus den beteiligten Ministerium für Bildung und Wissenschaft, habe man die vom Rechnungshof angemahnten Mängel beseitigt. Schüler würden jetzt besser informiert, die Formulare seien vereinfacht worden. Folgeanträge seien nicht mehr nötig, sondern nur noch Belege.

Ursprünglich hatten SPD und Linke in ihrem Koalitionsvertrag von 2014 auch keine Anhebung des Schüler-Bafögs vereinbart. Vielmehr sollt es „um eine Leistungskomponente erweitert“ werden. Für gute Schulnoten sollte es zum Schuljahresende eine einmalige Prämie von 100 Euro geben. Doch davon wurde nun Abstand genommen. Eine solche Regelung sei zu kompliziert und zu schwierig, hieß es. Alexander Fröhlich

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