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Not-Ernte. Viele Bauern in Brandenburg versuchen zu retten, was zu retten ist. Seit zwei Wochen ernten sie teilweise auf ihren Feldern, denn durch den Wassermangel kann das Getreide nicht mehr wachsen. Da die Ähren aber nur klein sind, drohen den Landwirten schlechte Verkaufspreise.

© Ralf Hirschberger/dpa

Brandenburg: Kein Regen, keine Rettung

Die Dürre bringt Brandenburgs Landwirte an den Rand ihrer Existenz. Sie fordern nun staatliche Hilfen

Von Sandra Dassler

Für Brandenburgs Schüler ist das Ferienwetter ein Geschenk, doch viele Landwirte in der Region sind inzwischen nur noch verzweifelt. „Wir hatten eigentlich seit Ostern in ganz Brandenburg keinen nennenswerten Regen mehr“, sagte Bauernbund-Geschäftsführer Reinhard Jung am Donnerstag den PNN: „Die Böden sind steinhart, ein großer Teil der Ernte wird vertrocknen, es droht ein Fiasko.“

Die anhaltende Trockenheit bringt die Landwirte in der Mark in immer größere Schwierigkeiten. Deshalb fordert auch der Bauernbund, der Dürrehilfen eigentlich ablehnt, staatliche Hilfen für die Landwirte und schließt sich damit dem Deutschen Bauernverband an. Dessen Präsident, Joachim Rukwied, hatte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz im westbrandenburgischen Trebbin ebenfalls Unterstützung für die Landwirte verlangt.

Seinen Ausführungen zufolge werde das Ernteergebnis allein bei Getreide deutschlandweit mit 41 Millionen Tonnen weit unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre von knapp 48 Millionen Tonnen liegen. „Das Wetter war in manchen Teilen Deutschlands in diesem Jahr eine echte Herausforderung: Nach einem nassen Winterhalbjahr folgte ein kalter Start ins Frühjahr“, begründete Rukwied die Entwicklung. „Im April war der Frühling zu warm und viel zu trocken - dieser Wetterwechsel hat viele Kulturen stark gestresst“, sagte er.

Rukwied verlangte für die Landwirte Hilfe bei ihrer Liquiditätssicherung. Sie müssten in wirtschaftlich guten Zeiten steuerfreie Rücklagen zum Risikoausgleich bilden können. Die wirtschaftliche Situation für die Landwirte werde angesichts der geringeren Erntemenge und der nicht entsprechend steigenden Preise schwierig. Denn die Verbraucherpreise dürften durch die schlechten Ernteergebnisse kaum beeinflusst werden. In bedeutenden Anbauländern wie Nordamerika, Russland und Australien gibt es die Aussicht auf gute Erträge.

In Brandenburg dagegen leiden die landwirtschaftlichen Kulturen unter so extremer Trockenheit wie seit 15 Jahren nicht mehr, sagte Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg. Hier rechnen die Landwirte mit Ausfällen zwischen 20 und 50 Prozent. Teilweise sei die Ernte gar nicht eingeholt, sondern gleich gehäckselt worden, sagte Wendorff. Für die Bauern drohen daher hohe Vertragsverluste. In Brandenburg haben viele bereits vor zwei Wochen mit der sogenannten Not-Ernte begonnen, weil die Früchte wegen des Wassermangels nicht weiter wachsen können. Für die sehr kleinen Körner des Getreides wird natürlich auch sehr viel weniger gezahlt. Ähnliches befürchten die Obstbauern für Äpfel und Pflaumen. „Das Schlimmste ist aber, dass es keine Hoffnung auf Besserung gibt“, sagt Bauernbund-Chef Jung, der selbst Landwirt ist und 2018 als sein bislang schlechtestes Jahr bezeichnet: „Als nächstes trifft es den Mais, der zum Teil gar keine Kolben ausbildet, und Regen ist weit und breit nicht in Sicht.“

Das wird vom Deutschen Wetterdienst (DWD) bestätigt, der von einer der schlimmsten Trockenperioden in den vergangenen 57 Jahren spricht. Seit 1961 gibt es nämlich genaue Daten zur Bodenfeuchte, sagt DWD-Agrar-Meteorologe Hans Helmut Schmitt: „In Ostdeutschland sind die Werte des für Pflanzen nutzbaren Wassers punktuell auf weniger als 30 Prozent gesunken, das ist ganz nahe an den Extremwerten, wie sie beispielsweise 1976 oder auch 2003 auftraten.“

Folgeschäden bedeutet die Dürre nicht zwangsläufig. Bislang hätten sich die meisten Pflanzen aber über die Jahre wieder erholt, sagt Schmitt, allerdings drohten ihnen auch weitere Gefahren durch das extreme Klima.

Die Tierwelt kommt dagegen relativ gut mit der anhaltenden Hitze klar und die meisten Arten finden noch immer ausreichend Futter. Nur für Vögel wie Amseln, die direkt am Boden nach Insekten und Regenwürmern suchen, werde es schwieriger, sagt Derk Ehlert, der Naturexperte des Berliner Senats. Denn die oberste Schicht ist knochentrocken, da ist nichts mehr zu finden. Die Würmer und Insekten verkriechen sich immer weiter nach unten. Für die erwachsenen Vögel reicht's noch; aber für den Nachwuchs wird es eng.

Ähnlich geht es auch den Wildschweinen, denen die trockenen Böden im Wald nicht mehr so viel Nahrhaftes bieten. „Die Wildschweine riechen mit ihren feinen Nasen aus Entfernungen bis zu drei Kilometern, wenn jemand seinen Rasen sprengt“, sagt Ehlert. Und Wasser verbinden sie mit Nahrung. Deswegen sind gerade in den heißen Sommermonaten die Wildschweine besonders häufig in der Nähe von Städten und Dörfern unterwegs. (mit dpa)

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