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Brandenburg: Jesiden: Geld statt Aufnahme? Landesregierung verweist auf den Bund

Potsdam - Brandenburgs rot-rote Landesregierung sieht sich nicht in der Lage, den Parlamentsbeschluss zur Aufnahme von Jesiden umzusetzen. Nun läuft es auf eine Konfrontation zwischen Exekutive und Legislative hinaus.

Potsdam - Brandenburgs rot-rote Landesregierung sieht sich nicht in der Lage, den Parlamentsbeschluss zur Aufnahme von Jesiden umzusetzen. Nun läuft es auf eine Konfrontation zwischen Exekutive und Legislative hinaus.

Bei einem Krisengespräch am Montag pochten CDU, Linke und Grüne darauf, dass der im Dezember 2016 gefasste Landtagsbeschluss umgesetzt werden muss. Demnach sollen schutzbedürftige Frauen und Kinder – nach Folter, Versklavung, Vergewaltigung durch die IS-Terrormiliz traumatisiert – aus Lagern im Nordirak ins Land geholt und behandelt werden. Die Landesregierung versuchte nun, die Fraktionen zur Abkehr zu bewegen. Doch die verweigerten ihren Vorab-Segen.

„Unser Wille ist es, zu helfen“, sagte Staatskanzleichef Thomas Kralinski (SPD). „Aber es muss leistbar sein.“ Konkret verwies er auf den Bund, der ein Aufnahmeprogramm nur für Jesiden ablehne. Zudem habe sich die Lage in Kurdistan seit Unabhängigkeitsreferendum und Zurückdrängen des IS verändert. Stattdessen schlug Kralinski vor, ein Kontingent von rund 30 Nordirak-Flüchtlingen aus Griechenland nach Brandenburg zu holen und mit Entwicklungshilfe die Lage im Nordirak zu verbessern. Das habe das Außenamt vorgeschlagen.

Die Linke hatte bereits Ende September ihr Veto dagegen eingelegt. Grüne-Fraktionschef Axel Vogel sagte nun: „Die Landesregierung spielt auf Zeit, es ist nicht ihr Herzensprojekt.“ Nach dem Jesiden-Beschluss vom Dezember hatte die Regierung bis Mitte 2017 Zeit, um mit Bund und anderen Bundesländern eine Lösung zu finden. Das schlug fehl. Deshalb sollte Brandenburg selbst loslegen. Anfang April sprach eigens UN-Sonderbotschafterin Nadja Murat, selbst IS-Opfer, im Landtag. Der stellte mit großer Mehrheit fest, dass der Völkermord des IS im Nordirak ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist. Zudem sollte die Landesregierung bis Ende September einen Abschlussbericht vorlegen. Diese Frist wurde gerissen.

Sollte die Landesregierung bei ihrer Position bleiben, wird mit harten Debatten im Plenum gerechnet. CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben sagte, es könne nicht sein, dass die Landesregierung den Beschluss nicht umsetze. „Der Landtag kann sich nicht unglaubwürdig machen.“ Er erinnerte daran, dass der Beschluss für verfolgte Jesiden auch ganz bewusst auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsdebatte fiel. Landtagsvizepräsident Dieter Dombrowski (CDU) sagte: „Das Agieren der Landesregierung ist bestürzend.“

Die Asylexpertin der Linksfraktion, Andrea Johlige befand, es könne ein erster Schritt sein, Minderheiten, die auf der Flucht in Griechenland gelandet seien, nach Brandenburg zu holen, um die für ein Jesiden-Programm nötigen Strukturen aufzubauen. Allerdings fehle ihr im Regierungsvorschlag „ein klares Bekenntnis zu einem Aufnahmeprogramm“. Bisherige Aktivitäten und Vorschläge der Landesregierung reichten nicht aus. Andrea Johlige geht allerdings davon aus, dass die Landesregierung „nach diesem deutlichen Votum“ der Fraktionen nachbessert. Die Chefin des Menschenrechtszentrums Cottbus, Sylvia Wähling, nannte das Vorgehen der Landesregierung beschämend und kündigte Proteste von Menschenrechtsorganisationen in Potsdam an. Alexander Fröhlich

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