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Insolvente Fluggesellschaft: „Vielen Dank, Air Berlin“

Letzte Landung in Berlin-Tegel: Hunderte nehmen nachts Abschied von der insolventen Fluggesellschaft.

Berlin - „Macht et jut“: Mit diesen Worten hat sich am Freitagabend die insolvente Air Berlin-Fluggsellschaft in einer offiziellen Mitteilung von allen Kunden verabschiedet. Am Abend startete der letzte Flug der Airline von München und sollte um 22:40 Uhr auf dem Berliner Tegeler Flughafen landen – tatsächlich kam sie um 0:00 Uhr an.

Die Air-Berliner beschritten zuvor ihren eigenen, letzten Weg zum Flughafen: Rund 300 Beschäftigte nahmen an einer Abschiedsdemo teil. Startpunkt war die Firmenzentrale am Saatwinkler Damm. Einige der Mitarbeiter in gelben Warnwesten, auf denen das Air-Berlin-Logo prangt, halten rote, herzförmige Luftballons in den Händen, zünden Grablichter und Fackeln an, die sie während des Marsches vor sich hertragen. An der Spitze des Abschiedszugs leuchtet ein Pappaufsteller, der eine Flugbegleiterin zeigt und mit Lichterketten umwickelt ist, daneben wird ein zwei Meter großes, aufgeblasenes Gummiflugzeug getragen. „Es waren schöne Jahre mit Air Berlin“, sagt ein ehemaliger Beschäftigter aus der Personalabteilung, der im Abschiedszug mitläuft.

Der etwa 30-minütige Zug der Beschäftigten führt über die Autobahn, die von Polizeiwagen gesperrt ist. Vorbeifahrende Autos hupen den Air Berlinern solidarisch zu – es wird mit Johlen und Pfeifen geantwortet. Eine Beschäftigte kommentiert die Geräuschkulisse: „Ein würdiger Abschied. Das sind wir.“

Während des gesamten Marsches wird gesungen: „Eine Straße von Air Berlinern, ja, das ist eine Allee.“ Airport Operation Trainer Frank Ahrens erklärt die ausgelassene Stimmung damit, dass die Beschäftigten „endlich die angestaute Wut der letzten Monate rauslassen können“. Einige Air Berliner hätten in dieser Woche ihre Kündigung per Mail erhalten.

Ahrens war 15 Jahre in dem Unternehmen beschäftigt und ist „Ausbilder von vielen, die hier heute mitlaufen“. An Aktionen wie dieser erkenne man den Zusammenhalt im Unternehmen, „das gibt es in keinem vergleichbaren Konzern“. Viele seien zum Airport gekommen, um Abschied zu nehmen.

Rund 1500 Besucher stehen bereits zwei Stunden vor der letzten geplanten Landung auf der Flughafenterrasse. Immer wieder, wenn ein Air-Berlin-Flugzeug startet, erklingen Jubelschreie und lauter Applaus aus den Reihen.

Ralf Reinicke ist mit seiner Tochter zum Flughafen gekommen, weil sie sich sehr mit der Berliner Fluggesellschaft verbunden fühlen. „Wir sind immer mit Air Berlin in den Urlaub geflogen und haben die Freundlichkeit und den Service unglaublich genossen.“ Die neunjährige Tochter Nina bestätigt: „Unser letzter Flug war gerade erst im Sommer mit Air Berlin nach Gran Canaria, da kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, der Flug war sehr schön.“ Dorothea Kindler steht ebenfalls in der ersten Reihe auf der Dachterrasse. Ihre Schwiegertochter fliegt als Flugbegleiterin für Air Berlin. „Wenn Air Berlin nicht mehr ist, fehlt auch ein großer Teil von Berlin.“

Alle warten. Auf dem Vorfeld der Landebahn stehen Wagen der Flughafenfeuerwehr. Blaulicht überall. Einige hundert Air Berliner stehen in Sicherheitswesten daneben, um die Maschine und die letzte Crew in Empfang zu nehmen.

Das Flugzeug fliegt über die Besucherterrasse. Handys und Fotoapparate werden in die Luft gestreckt, die Köpfe bewegen sich in Richtung des Flugzeugs. Die Maschine absolviert einen Überflug über Tegel Richtung Norden, dreht dann nach Osten ab, um zu landen.

Als die AB 6210 auf die Landebahn rollt, wird sie mit Feuerwehrsirenen und Wasserfontänen empfangen. Mehrere hundert Air-Berliner klatschen, von oben schauen die Besucher gebannt auf die Landebahn. Im Flugzeug nimmt der Pilot David McCaleb mit gemischten Gefühlen Abschied von der Airline: „Bittersüß“ sei dem 60-jährigen Amerikaner zumute, „es ist schon komisch, so ein Ende zu erleben.“ Seit 1977 ist er Pilot, davon 27 Jahre für die Berliner Fluglinie unterwegs.

Er richtet einige besondere Abschiedsworte für die letzte Durchsage an die Passagiere: „Dies ist ein sehr emotionaler Moment für mich und meine Crew.“ Er bedanke sich für alles und wünsche einen schönen und erfolgreichen Weiterflug durch das persönliche Leben.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Roland Koch hat er am Freitagabend den Flug AB 6210 von München nach Berlin Tegel gesteuert. Der Airbus A320 war mit 178 Passagieren – darunter auch der langjährige Unternehmenschef Joachim Hunold – und acht Besatzungsmitgliedern ausgebucht.

Ein letztes Mal leuchtet das Kürzel AB auf den großen, digitalen Anzeigetafeln am Tegeler Airport. Mit einer Durchsage nimmt der Flughafen Berlin Tegel Abschied: „Vielen Dank, Air Berlin.“

Lisa Splanemann

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