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Brandenburg: Im Affäre-Strudel

Neue Vorwürfe in der Schöneburg-Affäre: Die Opposition will Justizminister Markov zur Sondersitzung des Rechtsausschusses zitieren

Potsdam - Auf Druck der Opposition im brandenburgischen Landtag soll am Donnerstag erneut der Rechtsausschuss zu einer Sondersitzung zusammenkommen und Justizminister Helmuth Markov (Linke) zur Affäre um Ex-Minister Volkmar Schöneburg (Linke) zu befragen. Grund sind Berichte der PNN und anderer Zeitungen, wonach Markov im Ausschuss wesentliche Informationen zu der Affäre verheimlicht hat. Markov befindet sich allerdings im Urlaub, ob er sich zurück nach Potsdam zitieren lässt, blieb am gestrigen Montag unklar. Bei seiner Abwesenheit müsste ihn Staatssekretär Ronald Pienkny vertreten. Das Justizministerium sieht keinen Anlasse für eine weitere Sondersitzung des Rechtsausschusses. „Es ist alles zu dem Thema gesagt“, sagte eine Sprecherin.

Markov hatte mehrfach seinen Staatssekretär gegen den Vorwurf in Schutz genommen, dieser habe dem Ausschuss nach Schöneburgs Rücktritt im Dezember nicht die volle Wahrheit gesagt. Vielmehr hatte sich Markov vor dem Rechtsausschuss mit der Aussage festgelegt, Pienkny habe im Ausschuss „keine Falschaussage getätigt, nehmen Sie das zu Protokoll“. Wie aus Unterlagen des Justizministeriums hervorgeht, war Markov spätestens im Februar umfassend von seinem Haus über die Affäre in Kenntnis gesetzt worden – auch darüber, dass die Fachabteilung des Ministeriums Pienknys Aussagen vor dem Ausschuss widerspricht.

Schöneburg war im Dezember zurückgetreten, nachdem ihm Amtsmissbrauch und Begünstigung früherer Ex-Mandanten vorgeworfen wurde. Schöneburg hatte Detlef W. und René N., die im Knast wegen ihrer langen Beine und Hochwasserhosen den Spitznamen „Störche“ trugen, von 2001 bis 2006 als Anwalt vertreten. Die hatten 1999 eine 13-Jährige entführt und brutal vergewaltigt. Weil er eine von der Anstaltsleitung angeordnete Sicherheitsverlegung seiner Ex-Mandanten gegen den Rat der Fachleute im Ministerium persönlich stoppte, trat Schöneburg im Dezember zurück. Zudem bezeichnete er es als Fehler, sein Handy für die Anrufe der beiden Gefangenen aus der Haftanstalt Brandenburg/Havel nicht gesperrt zu haben.

Pienkny hatte im Ausschuss belastende Funde bei den beiden Gefangenen – Werkzeug, Zigaretten, Schuldscheine, Handy, Medikamente, aber auch Pornobilder jugendlicher Mädchen – verschwiegen. Auch die von der Anstaltsleitung für die Sicherheitsverlegung angeführte Bedrohung von Mitgefangenen und die Bildung subkultureller Strukturen im Knast hatte er zurückgewiesen. Ebenso wollte er nichts von Anrufen der Gefangenen auf Schöneburgs Handy gewusst haben. Die Fachabteilung des Ministeriums widersprach Pienknys Darstellung allerdings in einem für Markov gefertigten Vermerk. Trotz der Widerspüche stellte sich der Minister hinter seinen Staatssekretär.

CDU, FDP und Grüne werfen Markov vor, im Rechtsausschuss nicht die Wahrheit gesagt zu haben und den Abgeordneten wesentliche Fakten vorenthalten zu haben. Der CDU-Rechtsexperte und Ausschussvorsitzende Henryk Wichmann sprach am Montag von einem ungeheuerlichen Vorgang. „Minister Markov hat im Ausschuss die Unwahrheit gesagt“, sagte Wichmann den PNN. „Der Minister ist nach der Landesverfassung aber verpflichtet, Fragen der Abgeordneten nach besten Wissen und vollständig zu beantworten“, erklärte er. Die FDP-Rechtsexpertin Linda Teuteberg sagte den PNN: „Das sind schwerwiegende Vorwürfe, die im Raum stehen. Wir können deshalb nicht bis zu nächsten regulären Sitzung des Ausschusses im Mai warten. Bisher hat Markov wenig zur Aufkärung beigetragen. Wie sehen weiteren Aufklärunsgbedarf.“

Wichmann warf Markov vor, offenbar „Dinge zu vertuschen“, die für ihn, den Staatssekretär und Ex-Minister Schöneburg gefährlich werden könnten. „Wenn Herr Markov sagt, Herr Pienkny hat immer die Wahrheit gesagt, dann lügt er auch und lässt sich ohne Not in den Affären-Strudel mithineinziehen“, sagte Wichmann. „Hier geht es um eine Rechtfertigung der gestoppten Sicherungsverlegung, hier wird offenbar ein Comeback von Schöneburg vorbereitet. Wenn an all dem nichts dran ist, warum ist dann Schöneburg zurückgetreten?“, so der CDU-Politiker. Tatsächlich ist Schöneburg wenige Tage nach seinem Rücktritt auf die Landesliste der Linken zur Landtagswahl auf Platz vier gesetzt worden. Die Linke wittert hinter der Affäre eine Verschwörung gegen Schöneburg und verdächtigt politische Gegner, Medien und Teile der brandenburgischen Justizverwaltung einer gezielten Kampagne.Alexander Fröhlich

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