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Brandenburg: Haftbefehl gegen Eltern des toten Dennis Das Kind lag jahrelang in einer Kühltruhe. Die Ämter vermissten ihn zwar – glaubten aber der Mutter

Von Sandra Dassler Cottbus – Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl gegen die Eltern von Dennis B. beantragt.

Von Sandra Dassler

Von Sandra Dassler Cottbus – Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl gegen die Eltern von Dennis B. beantragt. Wie berichtet, war der Junge am Montagabend tot in der Tiefkühltruhe der elterlichen Wohnung aufgefunden worden. Staatsanwalt Tobias Pinder sagte: „Nach eingehender Vernehmung der Mutter stehen beide Eltern im dringenden Tatverdacht der Misshandlung von Schutzbefohlenen und der Körperverletzung mit Todesfolge.“ Der Vater wurde erneut festgenommen, nachdem er zunächst wieder freigelassen worden war. Die Ergebnisse der Obduktion des 1995 geborenen Dennis wiesen auf mangelnde Versorgung mit Lebensmitteln und Flüssigkeit hin. Der Todeszeitpunkt war vermutlich schon Ende 2001. Der Junge sollte nach Angaben des Leiters des Cottbuser Jugendamtes, Egbert Piosik, im August 2002 eingeschult werden. Er sei aber nie in der Schule erschienen. Auf Nachfragen des Schul- und des Jugendamtes hatte die 43-jährige Mutter stets behauptet, er sei krank und befinde sich zur Behandlung in der Berliner Charité. Die Cottbuser Oberbürgermeisterin Karin Rätzel hatte eine Pressekonferenz einberufen, um zu möglichen Versäumnissen des Jugendamtes Stellung zu nehmen. „Wir alle haben uns in den vergangenen Tagen gefragt, wie so etwas passieren konnte. Mitten in Deutschland verschwindet ein Kind, wird nicht mehr gesehen, geht nicht zur Schule – und niemandem fällt das auf? Aber keiner unserer Mitarbeiter hätte sich vorstellen können, dass uns eine Mutter über so lange Zeit belügt.“ Das Jugendamt betreut die Familie bereits seit 1993. Zwei der acht Kinder im Alter von fünf bis 20 Jahren wurden schon in der DDR von anderen Eltern adoptiert. Mit den anderen gab es ab und an Probleme, weil sie die Schule schwänzten. „Wenn wir dann nachgefragt haben, sind sie schnell wieder zum Unterricht erschienen“, sagte der Jugendamtsleiter. „Beide Eltern sind Sozialhilfeempfänger, waren aber stets kooperativ und es gab nie Beschwerden über Misshandlungen der Kinder. Natürlich kam bei den häufigen Hausbesuchen die Rede auch auf Dennis, aber alle glaubten der Mutter.“ Erst als einer Mitarbeiterin des Sozialamtes am 17. Juni auffiel, dass der Vater etwas anderes über den Verbleib des Jungen erzählte als die Mutter und dass die Familie nie Fahrkosten in das Krankenhaus beantragte und keinerlei Rechnungen der Krankenkasse vorlagen, wurde sie stutzig und informierte das Jugendamt. Polizeisprecher Berndt Fleischer: „Unsere Kollegen sind nach einem Antrag des Jugendamtes in die Wohnung gegangen und haben die Eltern nach dem Jungen gefragt. Als sich die Mutter in Widersprüche verstrickte, wurden die Eltern festgenommen und verhört. Daraufhin gab die Mutter preis, dass das Kind in der Tiefkühltruhe liege. Staatsanwalt Pinder sagte: „Die Frau macht wirklich einen äußerst glaubwürdigen Eindruck, sie hat alle getäuscht.“ Warum weder Geschwister noch Freunde nach Dennis fragten, bleibt dennoch allen in Cottbus ein Rätsel. Nach Aussagen der Mutter ist der Junge erst um Weihnachten 2002 an einem Zuckerschock gestorben. Warum sie keinen Arzt holte, wollte die Frau nicht sagen. Die Tiefkühltruhe stand in der Küche, in der die Familie ihr Essen einnahm.

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