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Brandenburg: Gesetzeshandwerk

Nach Reformstopp muss bei Landrätewahlen zurückgerudert werden – die Zeit drängt

Potsdam - Das Kabinett von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) will am Dienstag die offizielle Rücknahme der Gesetze für die Kreis- und Funktionalreform beschließen. Erst dann können die Beschlüsse von der Tagesordnung des Innenausschusses in einer Woche und für das Landtagsplenum Mitte November genommen werden. Kniffliger dürfte es bei dem im Juli mit rot-roter Mehrheit beschlossenen sogenannten Amtszeitenregelungsgesetz werden.

Demnach sollte im Jahr 2018 auf die Neuwahl von Landräten durch die Bürger verzichtet, stattdessen in den Landkreisen Elbe-Elster, Ostprignitz-Ruppin, Spree-Neiße, Uckermark, Oberspreewald-Lausitz und Barnim die Amtszeit der Landräte bis zur Kommunalwahl 2019 und dem Vollzug der Kreisreform verlängert werden. Zudem sollten die Landräte in den Fusionskreisen nicht mehr durch die Bürger, sondern durch die Kreistage bestimmt werden. Das alles ist mit der Absage der Kreisreform durch Woidke nun hinfällig – denn nur für die Kreisreform war dieses Gesetz trotz massiver Kritik gezimmert worden.

Das Kabinett soll sich am Dienstag „mit den nächsten Schritten befassen, die sich aus der Absage der Verwaltungsstrukturreform ergeben“, sagte Regierungssprecher Florian Engels. Ob dann ein Entwurf des Innenministeriums zur Rücknahme des Amtszeitengesetzes vorliegt, blieb unklar. Engels erklärte lediglich: „Zu sprechen ist auch über den Zeitplan für die Wahl von Landräten und Oberbürgermeistern.“ Der Sprecher des Innenministerium sagte, die Kommunalabteilung prüfe noch, wie der Stopp der Kreisreform nun für die Landrätewahl umgesetzt werden können. Die Kommunalaufsicht stehe im Kontakt zu den Landratsämtern. Und zur Not gebe es in den betroffenen Landkreisen mit den ersten Beigeordneten auch stellvertretende Landräte, die vorübergehend die Geschäfte führen könnten.

Selbst wenn das Kabinett am Dienstag ein Aufhebungsgesetz an den Landtag weiterleitet, wird es für die Novembersitzung nichts. Die Frist für die Einreichung von Anträgen lief am Mittwoch ab. Deshalb preschte die CDU-Fraktion vor und reichte einen Antrag ein. CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben sagte, Woidkes Ankündigung, die Kreisreform zu stoppen sei das eine, „konkretes Regierungshandeln etwas Anderes“. Jetzt sei wegen turnusmäßiger Landratswahlen schnelles Handeln nötig, „um zu verhindern, dass durch die Beschlüsse von SPD und Linke weiterer Schaden am Land entsteht“.

Der Sprecher des Innenministeriums sagte hingegen, die Kommunalabteilung des Ressorts prüfe auch, ob der CDU-Antrag ausreiche oder ob weitere Maßnahmen nötig seien. Die CDU-Fraktion teilte mit, der Parlamentarische Beratungsdienst des Landtags habe den Gesetzesentwurf für geeignet befunden. Ohnehin lässt die CDU nicht locker. Am Dienstag gibt es eine  erweiterte Fraktionssitzung mit Landesvorstand, den Brandenburger Bundestagsabgeordneten sowie den Landräten und Oberbürgermeistern der CDU.

Für Oberspreewald-Lausitz ist das alles ohnehin zu spät. Die Amtszeit von Landrat Siegurd Heinze, ein Parteiloser auf CDU-Ticket, endet am 12. Februar 2018. Eine Sprecherin des Landratsamtes erklärte auf Anfrage, bei einer Aufhebung des Amtszeitengesetzes „ergäbe sich für Oberspreewald-Lausitz das Problem, dass eine Wahl nach wahlrechtlichen Vorschriften innerhalb der gesetzlichen Fristen nicht mehr möglich wäre.“ Der Landrat hätte dann keinen Landrat mehr. „Für einen solchen Fall müsste seitens des Ministeriums vorgegeben werden, wie zu verfahren ist“, sagte die Sprecherin. Aus dem Büro von Elbe-Elster-Landrat Christian Heinrich-Jaschinski (CDU) hieß es am Mittwoch, offene Fragen müssten jetzt schnell geklärt werden, „dann würde es noch gehen“, ansonsten sei für es das üblichen Verfahren sehr knapp. Heinrich-Jaschinski Amtszeit endet am 14. April. Unklar ist, ob eine gleitende Amtsübergabe möglich ist. Auch der Landrat von Ostprignitz-Ruppin, Ralf Reinhardts (SPD), dessen Amtszeit Ende Juli endet, sagte dem „Ruppiner Anzeiger“: „Mit den gesetzlichen Fristen könnte es nun ziemlich knapp werden.“

Und dann ist da das Leitbild, das der Landtag im Juli beschlossen hatte und das Grundlage der Reformgesetze ist. Bei den Kreisfusionen ist das Leitbild passé. Aus Sicht von Grünen-Fraktionschef Axel Vogel blieben die Vorgaben für die Funktionalreform aber nötig, das Leitbild müsse nun durch ein neues Konzept ersetzt werden. Bislang sieht Rot-Rot keine Notwendigkeit das Leitbild, mit dem der Landtag die Regierung zur Vorlage der Reformgesetze aufgefordert hatte, aufzuheben. Genau das aber will das Volksbegehren von CDU, FDP und Freien Wähler gegen die Kreisreform, das weiterläuft. Mit Woidkes Fusionsstopp und der Ankündigung, Kreis-Kooperationen zu fördern, sind zwei von drei Forderungen des Volksbegehrens erfüllt. Nicht aber die Aufhebung des Leitbildes. Alexander Fröhlich

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