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Funklöcher in Brandenburg: Notrufe aus der Mark

In manchen Gebieten in Brandenburg ist nicht einmal der Notruf per Handy erreichbar. Mobilfunkanbieter berichten dem Landtag nun, warum der Empfang so schlecht ist und welche Lösungen es gibt.

Potsdam - Brandenburgs Funklöcher können in Notfällen lebensgefährlich sein. Dies belegen Fälle, die am Mittwoch in einer Anhörung des Landtages zu den „weißen Flecken“ im Land vom Amt Rhinow aus dem Havelland präsentiert wurden. Danach wurde im Mai in Strodehne bei Schachtarbeiten ein verdächtiger Gegenstand gefunden, womöglich ein Blindgänger aus dem Weltkrieg. Aber der Versuch, via Hand ein Foto an den Munitionsbergungsdienst zu schicken, scheiterte.

Oder jene zwei Meldungen aus dem März: „Bei einem Alarm werden Feuerwehrleute in der Ortschaft Wolsier und in Kleßen-Görne über die unterstützende Handyalarmierung nicht erreicht.“ Und: „Auf der L 17 fahrend entdeckt eine Autofahrerin in der Ortslage Ohnewitz in den Abendstunden ein brennendes Auto. Im Wagen befindet sich eine Person. Die Absetzung eines Notrufes ist nicht möglich, weil keine Mobilfunkabdeckung besteht. Die Ersthelferin muss sich entscheiden, entweder den Unfallort zu verlassen, um einen Notruf abzusetzen oder zu versuchen, allein unter Lebensgefahr eigene erste Rettungsmaßnahmen vorzunehmen.“

13.000 Brandenburger Funklöcher bereits eingetragen

Es sind Funklochdramen aus der Mark. Die Anhörung dazu im Wirtschaftsausschuss des Landtages hatte die CDU-Opposition beantragt, deren Funkloch-Landkarte einen Nerv getroffen hat, wie der Abgeordnete Dierk Homeyer (CDU) sagte. Am Mittwoch waren bereits über 13 000 Funklöcher auf der in der vergangenen Wochen freigeschalteten Internetseite eingetragen worden.

Und die Mobilfunkbetreiber? Die sehen, wie in der Anhörung deutlich wurde, aus wirtschaftlichen Gründen im dünnbesiedelten Flächenland die Möglichkeiten begrenzt. Investitionen für ein paar Landbewohner rechnen sich nicht. Am drastischsten formulierte es Philippe Gröschel von der Firma Telefonica Deutschland, das Netze wie O2, Eplus, aber auch für Aldi oder Tschibo Mobilfunkdienste abwickelt. „Vollversorgung ist nicht das Ziel unserer Strategie. Sie ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht machbar“. Und er sagte: „Unser Ziel ist die Abdeckung aller bewohnten Flächen mit dem LTE–Standard bis Ende 2019.“ Man sorge für eine gute Netzabdeckung der besiedelten Gebiete, der Orte, wo die Leute leben, „aber nicht aller Wälder, Felder und Landstraßen, die dort entlang führen“, sagte Gröschel.

Netzanbieter wollen weiße Flecken abbauen

Das war zumindest eine klare wie ehrliche Ansage für ein weites Land wie Brandenburg, wo sich Kunden dieses Anbieters über Verhältnisse wie im Havelland folglich nicht wundern müssen. Die Vertreter der Telekom und von Vodafone formulierten den Spagat, die Zwänge beim Ausbau ihrer Netze diplomatischer. Gleichwohl betonten alle ihr Bestreben, weiße Flecken abzubauen. So verwies Gerhard Jeutter von der Bundesnetzagentur, die den Mobilfunkmarkt etwas reguliert, auf Auflagen aus den letzten Netzversteigerungen: Da seien die Provider bundesweit – auch in Brandenburg – verpflichtet worden, bis 2020 für 97 Prozent der Haushalte eine Abdeckung mit schnellem Handy-Datennetz zu gewährleisten, „so dass beim Kunden mindestens 10 Megabyte ankommen.“ Aber, so schränkte Jeutter ein, die Netzagentur habe „keine Handhabe, die Betreiber zu einer Versorgung bestimmter Orte zu verpflichten“.

Und trotzdem könnte, auch das war ein Ergebnis der Anhörung, mehr getan werden, damit es auch in Brandenburg weniger Funklöcher gibt. So verwies Peter Deider von der Telekom auf Widerstände von Bürgerinitiativen, Kommunalvertretern, aber auch Naturschutzauflagen, an denen nötige Funkmasten scheitern würden. Das bestätigte Marc Konarski von Vodafone. „Besonders im Spreewald würden Baugenehmigungen für Funkmasten unter Hinweis auf den Naturschutz verweigert“, sagte er. Vodafone berichtete aber auch aus Rheinsberg, wo 2012 ein neuer Mast bekämpft und der Verzicht des Unternehmens auf den Bau dann vor Ort bejubelt wurde. Das seien die heutigen Funklöcher dort. Oder in Zossen, wo kurzfristig ein Mietvertrag für die Nutzung eines Mastes auf einer Polizeiwache gekündigt wurde und die Aufstellung eines temporären Ersatz-Mastes nicht zustande kam. „Das ist von der Stadt Zossen verwehrt worden.“

Vorbild Bayern?

Aus Sicht von Konarski könnte etwa die Landesregierung die Provider „mit aktiver Hilfe bei der Standortwahl unterstützen“. Und Telefonica-Vertreter Gröschel schlug vor, dass das Wirtschaftsministerium die Netzausbaukarten aller Betreiber übereineinander legt – und die echten, von keinem Mobilfunknetz erfassten „white spots“ ermittelt. In Bayern hätten sich die drei großen Provider auf eine gemeinsame Finanzierung neuer Funkmasten geeinigt, die dann von allen genutzt werden. Auch punktuelle Förderungen durch das Land seien denkbar.

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