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Der Tower funktioniert immerhin. Zurzeit eignet sich der BER nur als Fotomotiv. 

© Ralf Hirschberger/dpa

Flughafen BER: Im roten BEReich

Parlamentarier in Berlin und Brandenburg sind empört wegen der erneuten Verspätung. Die Kritik an Aufsichtsratschef Michael Müller wächst. Angeblich reicht das Geld, obwohl jeder Tag eine Million Euro kostet. Und die Bundesregierung ist besorgt – um das Image Deutschlands.

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Schönefeld/Potsdam/Berlin - Selbst die Bundesregierung ist sauer. „Dass dies keine für Berlin oder Deutschland besonders schöne Situation ist, mit der wir große Werbung für uns machen, ist, glaube ich, jedem klar“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Er meinte damit die neuen Probleme am Flughafen BER, die zu einer weiteren Verschiebung des Eröffnungstermins führen. Die Lage ist ernst.

Die Folgen für den Zeitplan und die Kosten des Projekts sind noch offen. Die Flughafen-Eigentümer Bund, Berlin und Brandenburg forderten am Montag von BER-Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld binnen zwei Wochen Klarheit darüber, wie die Arbeiten abgeschlossen werden können. Bis Mitte März sollen auch die finanziellen Folgen klar sein.

In Berlin warf der ehemalige Koalitionspartner CDU dem Regierenden Bürgermeister und Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) „Führungs- und Kommunikationsversagen“ vor. Er agiere „mutlos, kraftlos und völlig planlos“, kritisierte der CDU-Generalsekretär Stefan Evers. Und im Gegensatz zu Müller habe der brandenburgische Staatssekretär Rainer Bretschneider am Montag betont, dass er sich vom BER-Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld gut informiert fühle.

Brandenburgs Staatssekretär: "Ich fühle mich hinters Licht geführt"

Dagegen hatte sich Müller über die aktuellen Probleme um Türen und Sprinkleranlage am Wochenende überrascht gezeigt. Flughafenchef Mühlenfeld hielt am Montag im BER-Sonderausschuss des brandenburgischen Landtags dagegen: Der Aufsichtsrat sei über das Türenproblem 2016 regelmäßig und über das Risiko für den Terminplan am 2. Dezember 2016 informiert worden. „Ich fühle mich nicht hinters Licht geführt“, sagte der Brandenburger Staatssekretär Bretschneider, der BER-Vizeaufsichtsratschef ist, und bestätigte damit den Eindruck der Berliner CDU.

Nach Brandenburg reisen wollte der Regierende am Montag aber nicht. Er lehnte die Einladung zum Sonderausschuss des Landtags dankend ab. Es erscheine „wenig sachdienlich, Regierungsvertreter eines anderen Bundeslandes um Berichterstattung in einem Ausschuss des Landes Brandenburg zu bitten“, heißt es in dem Absagebrief aus der Feder von Flughafenstaatssekretär Engelbert Lütke Daldrup. Es sei eine „sehr gute Arbeitsteilung“ zwischen den Vertretern Berlins, Brandenburgs und des Bundes, „in ihren jeweiligen parlamentarischen Gremien für Fragen zur Verfügung zu stehen“. Er bitte um Verständnis für „diese grundsätzliche Haltung“.

Ein solches Verständnis gab es in Brandenburg nicht, dafür Kritik an Müller. So sahen CDU und Grüne im Landtag das jüngste Desaster als Beleg, dass er als Aufsichtsratschef überfordert ist. „Man muss fragen, ob er fähig und in der Lage ist, die Position zu bekleiden“, sagte etwa der CDU-Abgeordnete Rainer Genilke. „Das Problem liegt nicht beim Geschäftsführer, sondern beim Aufsichtsratsvorsitzenden“, erklärte Grünen-Fraktionschef Vogel. Niemand im Saal widersprach. Vogel erinnerte daran, dass Brandenburgs Regierungschef und die Landesminister auf Empfehlung des Rechnungshofs nicht mehr im BER-Aufsichtsrat vertreten sind. „Man sollte die Zeit haben, die man für die Begleitung eines solchen Projektes benötigt“, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke dazu. „Ich rede für die Brandenburger Seite. Das muss jeder Gesellschafter selbst entscheiden.“ Er lässt sich wöchentlich intern über BER informieren.

Jeder Tag kostet eine Mllion Euro

Jeder Tag, den der BER nicht eröffnet, kostet rund eine Million Euro. Im Potsdamer Sonderausschuss legten sich die Verantwortlichen darauf fest, dass trotzdem keine neuen Finanzspritzen für den Flughafen nötig werden. Die Flughafengesellschaft kalkuliert zwar eine einjährige Verzögerung mit rund 400 Millionen Euro. Trotz des Rückschlages sei „der finanzielle Rahmen ausreichend“, sagte Woidke. Bretschneider betonte: „Wir sind der Auffassung, dass die Mehrkosten im Puffer drin sind.“

Bislang war davon die Rede, dass nur eine sechsmonatige Verzögerung als Risikopuffer eingerechnet war. Selbst auf einen BER-Starttermin wird man warten müssen. Der nächste müsse absolut sicher sein und dürfe erst nach Abschluss der Baumaßnahmen, also mit Beginn des Testbetriebs genannt werden, sagte Woidke. Doch damit ist frühestens – wenn überhaupt – erst ab Mitte des Jahres zu rechnen.

Gesamtkosten für BER: 6,6 Milliarden Euro

Brandenburg hat seit 2005 Finanzspritzen von insgesamt 706 Millionen Euro für den Flughafenneubau geleistet. Berlin und Brandenburg sind mit jeweils 37 Prozent an der Flughafengesellschaft beteiligt, die restlichen 26 Prozent hält der Bund. Dessen Anteil an den Kapital- und Darlehenszuführungen war entsprechend geringer und lag bei 496 Millionen Euro. Demnach flossen bisher 1,9 Milliarden Euro Steuergelder in den Hauptstadtflughafen. Lediglich 660 Millionen Euro steuerte das Unternehmen bis 2016 aus Eigenmitteln bei. Der große Rest des Flughafenbaus wird über staatlich verbürgte Kredite privater und öffentlicher Banken finanziert. Die Gesamtkosten für den BER liegen nach den aktuellen Prognosen bei 6,6 Milliarden Euro. Ob es dabei bleibt, ist noch unklar. Je länger der Airport nicht in Betrieb ist und je mehr Änderungen am Bau vorgenommen werden, desto teurer wird das Projekt.

Wer für Berlin die Flughafengesellschaft künftig im Aufsichtsrat vertritt, ist noch unklar. Zwar wird der Senat am Dienstag die Ausnahmegenehmigung für Müller für dessen Nebentätigkeit als BER-Aufsichtsratschef erneuern, aber Linke und Grüne haben sich immer noch nicht festgelegt, ob sie dort mit Senatsmitgliedern vertreten sein wollen. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop hält wenig von dieser Lösung, die Linken halten sich bedeckt. Bis zur Aufsichtsratssitzung Anfang Februar muss die Personalfrage gelöst werden.

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