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Brandenburg: Der Held des Kirchenasyls ist tot Am heutigen Samstag Trauerfeier in Schwante

Schwante - Es ist ein bitteres Schicksal. 18 Jahre lang kämpfte Xuan Khang Ha um ein Aufenthaltsrecht in Deutschland, sein Fall erregte deutschlandweit Aufsehen.

Schwante - Es ist ein bitteres Schicksal. 18 Jahre lang kämpfte Xuan Khang Ha um ein Aufenthaltsrecht in Deutschland, sein Fall erregte deutschlandweit Aufsehen. Denn erstmals hatte Brandenburgs Polizei das Kirchenasyl gebrochen, um ihn abschieben zu können. Nun ist der Vietnamese im Alter vor 58 Jahren gestorben. Er litt an einem unheilbaren Hirntumor. Am heutigen Sonnabend um 14 Uhr wird für ihn in der Kirche von Schwante (Oberhavel) ein Trauergottesdienst abgehalten.

Dass es dazu kommt, hat zunächst ganz persönliche Gründe, auch „wegen der Tragik des Falls“, sagt Pfarrer Johannes Kölbel. Er hatte dem Vietnamesen und dessen damals fünfjährigen Sohn Minh Duc im November 2002 in dem Gotteshaus von Schwante Kirchenasyl gewährt. Und die Trauerfeier werde sicherlich auch eine politische Dimension haben, sagt Kölbel. Es geht um den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland, in Brandenburg, im Besonderen aber in Oberhavel.

Xuan Khang Ha war 1988 als Vertragsarbeiter in die DDR gekommen. Das Regime brach bald zusammen, der Schlosser wurde in seine Heimat zurückgeschickt, wo er nicht mehr Fuß fasste. Ha kehrte 1992 nach Deutschland als politischer Flüchtling zurück, sein Asylantrag aber wurde abgelehnt. Seither lebte er in Hennigsdorf (Oberhavel) und engagierte sich in exilpolitischen Organisationen für ein demokratisches Vietnam. Vietman lehnte es ab, ihn wieder aufzunehmen. 1995 dann aber kamen die Papiere für die Abschiebung. Genau an dem Tag, als der Sohn Minh im August 2002 seinen fünften Geburtstag feiern wollte, wurde Ha in die Ausländerbehörde des Kreises Oberhavel bestellt. Beamte nahmen in fest und brachten ihn zur Abschiebung nach Frankfurt (Main). Dort aber stoppte die Bundespolizei die Abschiebung des Vietnamesen, denn dessen Sohn war nicht dabei. Insgesamt sechs Wochen saß Ha in Abschiebehaft, wurde auf freien Fuß gesetzt und suchte Hilfe bei der Kirche. Pfarrer Kölbel gewährt ihm Asyl – und das an einem historischen Ort. In dem Pfarrhaus von Schwante gründete sich im Oktober 1989 die Sozialdemokratische Partei – damals noch unter dem Kürzel SDP. In der Schwantener Kirche sah Ha nach langen Wochen seinen Sohn Minh wieder. Kölbel wollten ihnen dafür einen geschützten Raum geben und verstand diese Hilfe für Schutzbedürftige als „absolut christlichen Auftrag“.

Im Januar 2003 dann stürmten Beamte auf Veranlassung des Landratsamtes Oberhavel die Kirche. Erstmals überhaupt brach die Polizei in Brandenburg das Kirchenasyl. Ha und sein Sohn aber waren an einem anderen Ort untergebracht. In einem Eilverfahren setzte das Verwaltungsgericht Potsdam wenige Wochen später die Abschiebung aus und erteilte eine Duldung, weil Ha in seiner Heimat Gefahr drohe. Aber erst im Frühjahr 2010 erteilte das Gericht ein sicheres Aufenthaltsrecht. Jetzt hatte Ha auch eine Arbeitserlaubnis, die hatte ihm der Landkreis stets verwehrt, zur Begründung hieß es: Ha habe seine Abschiebung verhindert. Noch immer steht der Landkreis wegen seiner rigiden Flüchtlingspolitik selbst von der Landesregierung in der Kritik.

Die gewonne Freiheit konnte Ha nur kurze Zeit genießen. Er machte sich selbstständig, betrieb in Berlin-Wedding einen Imbiss und baute für sich und seine Familie eine Existenz auf. Vor einem Jahr kam die Diagnose: Hirntumor.

Der Bruch des Kirchenasyls hatte 2003 deutschlandweit Empörung ausgelöst. Simone Tetzlaff, Ausländerbeauftragte im Kirchenkreis Oberes Havelland, will auf der heutigen Trauerfeier auch daran erinnern, dass Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) damals mit einem Machtwort festlegte, dass das Land das Kirchenasyl künftig respektieren werde. „Das ist ein Dauerthema“, sagte Tetzlaff. „Wir haben aktuell drei Fälle von Kirchenasyl in Brandenburg.“ Alexander Fröhlich

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