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Leuchtende Erinnerung. Künftig erinnern nicht nur Kerzen an Jonny K. .

© dpa

Brandenburg: Denk mal an Jonny

Mit einer Gedenktafel erinnert Berlin an den Prügeltod am Alexanderplatz vor rund einem Jahr

Berlin - Er hatte es ihm am Grab versprochen und er hat Wort gehalten. Da liegt sie, die Gedenkplatte für Jonny K., 10 Kilo Gewicht, 50x50 Zentimeter. Endlich. Jörg Schultz schluckt schwer. Sein Blick geht in die Ferne, zum Himmel hoch, in den sich der Fernsehturm streckt. Ein friedlicher Tag am Alexanderplatz. Vor etwas weniger als einem Jahr stand Schultz an der Urne von Jonny K. auf dem Friedhof Grunewald. So gut hatte er den Jungen gar nicht gekannt, aber seine Tochter war mit Jenny, der jüngeren Schwester von Jonny, befreundet, die Familien trafen sich hier und da, und Schultz sicherte deshalb zu: Wir werden dich, Jonny, nie vergessen. Wir werden am Ort der Tat an dich erinnern. Nicht nur in Gedanken, nein. Sichtbar.

Schultz und Tina K. sind durch die Instanzen gegangen. Eine ständige Tafel, in den Bürgersteig eingelassen – das bedeutete Anträge, lange Briefwechsel mit der Verwaltung, Genehmigungen durch den Bezirk. Vor einer Woche erst kam das Rutschfestigkeitsgutachten, vor einer Woche erst wurde die Platte gegossen. Jörg Schultz hat sie persönlich abgeholt, persönlich bewacht und an diesem Montagdes Gedenkens persönlich in die Rathausstraße gefahren. „Ich kann es immer noch nicht glauben, dass sie wirklich da ist.“

Schultz’ Geschichte ist eine von vielen an diesem Tag, da sich der Tod von Jonny K. jährt. Überall wird an den Vorfall erinnert, die große Stadt trauert und gedenkt, aber sie blickt auch nach vorne. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mahnte: „Gewalt ist keine Lösung, sondern Gewalt verschlimmert Konflikte und sorgt immer wieder für unendliches Leid.“ Und Innensenator Frank Henkel (CDU) würdigte die Tafel als wichtiges Zeichen: „Ein Teil von Jonny ist fort. Ein anderer Teil von Jonny hat nun einen festen Platz in der Mitte unserer Stadt. Es gibt viele, die das Schicksal von Jonny teilen.“ Henkel wandte sich auch direkt an Tina K.: „Der Alexanderplatz wird von nun an immer die Geschichte deines Bruders erzählen, liebe Tina. Es ist eine traurige Geschichte, aber eine, von der ich hoffe, dass die Mahnung, die sie aussendet, etwas bewegen kann.“

Bis heute ist die Solidarität mit der Kampagne „I Am Jonny“ immens. Die Gießerei Hermann Noack übernahm die Kosten für die Tafel. „Weil die Sache gut und richtig ist, und weil der Kampagne ein wenig das Geld gefehlt hat“, erklärt Hermann Noack. Die Allround-Autovermietung hat derweil ihre Wagen mit den Stickern der Initiative beklebt, 100 Autos tragen Jonnys Konterfei. „Ich habe Tina K. im Fernsehen gesehen und wollte ihr einfach helfen“, sagt Emile Weisner von Allround. In seinen Filialen lässt er auch die offiziellen T-Shirts verteilen, 10 000 wurden gedruckt.

Herr Bierow hält seines in der Hand, er hat es eben von Jörg Schultz bekommen, auf dem Alexanderplatz. Bierow besucht Berlin nur, eigentlich wollte er schon am Sonntag zurück nach Bad Harzburg fahren, aber dann las er von der Gedenkfeier und blieb. „Was ist bloß mit Deutschland passiert? Da zeigt ein junger Mann Zivilcourage und muss dafür sterben. Gut, dass man daran erinnert.“ Das T-Shirt will er auch in Kanada tragen, das halbe Jahr verbringt Bierow in Toronto.

Und Schultz? Der bewacht den ganzen Tag die Gedenktafel, bis zur Einweihung um 17 Uhr. Er hat sein Wort gehalten. Moritz Herrmann

Moritz Herrmann

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