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Brandenburg: Chipfabrik-Pleite war vermeidbar

Früherer Vorstandschef hatte schon Mitte 2002 starke Zweifel am Projekt / Bank: Fürniß jonglierte mit Milliarden

Früherer Vorstandschef hatte schon Mitte 2002 starke Zweifel am Projekt / Bank: Fürniß jonglierte mit Milliarden Von Michael Mara Potsdam. Die Pleite der Chipfabrik, die das Land Brandenburg und die Stadt Frankfurt (Oder) zusammen an die 100 Millionen Euro gekostet hat, wäre bei rechtzeitigem Umsteuern vermeidbar gewesen. Diese Ansicht vertrat am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages der erste Vorstandschef des Chip-Unternehmens Communicant AG, Klaus Wiemer. Der Ausschuss untersucht seit Anfang des Jahres die Ursachen für das Scheitern des 1,3-Milliarden- Projektes. Der Deutsch-Amerikaner ist Halbleiter-Experte und hat mehrere Chipfabriken in Asien errichtet, bevor er die Communicant AG mitgegründete. Bereits Mitte 2002 sei klar gewesen, „dass das Zeit- und Technologiefenster verpasst worden ist", so Wiemer. Die Fabrik, die Chips für Dritte produzieren sollte, „hätte nur eine Chance gehabt, wenn die Produktion wie geplant 2003 aufgenommen worden wäre". Vor dem Ausschuss sagte Wiemer weiter, er sei im Mai 2002 als Vorstandschef zurückgetreten, weil der Hauptinvestor Dubai das für den zügigen Bau der Fabrik benötigte Eigenkapital nicht einzahlen wollte und an Bedingungen knüpfte. Seine „massiven Zweifel" an dem Projekt habe er damals dem bald darauf über einen privaten Millionen-Kredit aus den Arabischen Emiraten gestürzten Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) und später auch dessen Nachfolger Ulrich Junghanns (CDU) mitgeteilt. Tatsächlich liegen dem Ausschuss Schreiben Wiemers an Junghanns vom Dezember 2002 vor, in denen das Land aufgefordert wird, durch unabhängige Experten die Geschäftsplanung und den Technologiestand bei Communicant überprüfen zu lassen. Das ist jedoch nicht geschehen. Wiemer bekam nicht einmal eine Antwort von Junghanns. In dem Schreiben plädierte Wiemer auch dafür, den neuen Communicant-Vorstandschef Abbas Ourmazd abzulösen, weil dieser nicht die nötige Geschäftserfahrung habe, um das Projekt zu Ende zu führen. Fürniß und Ourmazd hätten gedrängt, mit dem Bau der Fabrik zu beginnen, bevor das Geld zusammen war. Man wollte Fakten schaffen, „damit Land und Bund nicht mehr herauskönnen." Wiemer warf der Landesregierung vor, „mit allen Mitteln versucht zu haben, das Projekt am Leben zu halten", obwohl dessen Tod immer wahrscheinlicher wurde. Nur mit einem anderen Konzept und einer anderen Mannschaft wäre es 2002 vielleicht noch zu retten gewesen. Äußerst kritisch beurteilten von Anfang an auch die beteiligten Banken die Erfolgsaussichten des Projekts. Es sei ein Fehler gewesen, das Projekt im Februar 2001 zu verkünden, obwohl entscheidende Fragen nicht geklärt waren, sagte der Regionalchef der Deutschen Bank, Edgar Most. Er sei erschrocken gewesen, wie leichtfertig der damalige Minister Fürniß mit Milliarden jongliert habe. Nach dem Ausscheiden Wiemers seien die Bedenken international gestiegen. Er habe sie an die Landesregierung herangetragen, sagte Most. Wenig hilfreich sei auch der nach außen entstandene Eindruck gewesen, das Land baue die Chipfabrik. Für das Scheitern machte Most Fürniß und Ourmazd verantwortlich. Mario Messerschmidt von der Commerzbank sagte, man habe die Erfolgsaussichten mit „bestenfalls 50 zu 50" bewertet.

Michael Mara

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