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Braunkohle-Abbau in Welzow: Breiter Protest gegen neuen Tagebau

Neue Runde im Streit um Vattenfall-Pläne in Welzow: Beteiligungsverfahren gestartet.

Potsdam/Proschim - Mit breiten Protesten wollen mehrere Initiativen und Umweltverbände die Pläne des Energiekonzerns Vattenfall für den neuen Braunkohletagebau Welzow-Süd II zu Fall bringen. Aktionen von Kohlegegnern gab es am gestrigen Donnerstag in Potsdam und Proschim (Spree-Neiße). Sie forderten einen Stopp des seit 2007 laufenden Planverfahrens und den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung bis 2030. Zugleich kritisierten sie die Energiepolitik der rot-roten Landesregierung, die trotz Energiewende neue Tagebaue ermöglichen will.

Anlass ist der Beginn des zweiten Beteiligungsverfahrens für die Tagebaupläne am gestrigen Donnerstag. In einer ersten Runde war das Vorhaben wegen gravierender Mängel im vergangenen Jahr durchgefallen. Denn die energiepolitische Notwendigkeit für den neuen Tagebau und die dafür nötige Umsiedlung von 810 Menschen konnte nicht nachgewiesen werden. Bürger, Vereine, Verbände und andere Betroffene können nun bis zum 17. September erneut ihre Meinung dazu äußern und Widerspruch einlegen. Der Tagebau kann noch verhindert werden“, sagt Greenpeace-Energieexperte Gerald Neubauer. „Je mehr Menschen jetzt Einwendungen schreiben, desto größer sind die Chancen dazu.“

In der Landeshauptstadt starteten Mitglieder von Umweltverbänden und betroffene Einwohner eine Unterschriftensammlung, die sich zugleich gegen die Abbaggerung weiterer Dörfer im Süden Brandenburgs richtet. Im Welzower Ortsteil Proschim protestierten 40 Mitglieder der Umweltschutzorganisation Greenpeace aus 15 Ländern gegen eine Abbaggerung des Ortes. Im Juli halten Kohlegegner in Proschim zudem das nunmehr dritte Klima- und Energiecamp ab. Eine Woche lang geht es dabei um „Aktionen, die dem Widerstand gegen die Abbaggerungen lebendig und sinnfällig Ausdruck verleihen“, wie die Organisatoren mitteilten.

Die Bürger aus Proschim – einem Ortsteil der Stadt Welzow, in dem mehr Ökostrom produziert als verbraucht wird – wehren sich gegen die Abbaggerung. Vattenfall will dort 200 Millionen Tonnen Kohle für das Kraftwerk Schwarze Pumpe bis 2042 aus dem neuen Tagebau fördern.

Die Verstromung der Braunkohle ist durch den hohen Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) extrem klimaschädlich. Die Brandenburger Kraftwerke gelten als Dreckschleudern in ganz Europa. Ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt zum Ergebnis, dass der geplante Tagebau energiewirtschaftlich unnötig ist. Hinzu kommen Spätfolgen wie der Eintrag von Sulfat- und Eisenverbindungen in das Grundwasser und die Spree. Das Flußwasser verfärbt sich braun, Lebewesen im Wasser sterben ab. Touristiker befürchten daher Einbußen. Die Braunkohle aus den aktiven Vattenfall-Tagebauen reiche für die Kraftwerke bis 2030, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Annalena Baerbock. Neue Gruben widersprächen den Klimazielen der Landesregierung. Der Vize-Landeschef der Linken, Norbert Müller, sagte, „im Zeitalter von Energiewende und erneuerbaren Energien darf kein Dorf mehr wegen der darunter liegenden Kohle abgebaggert und seine Bewohner zwangsumgesiedelt werden.“

Falls das Braunkohleplanverfahren für den neuen Tagebau durchkomme, könne die Landesregierung ihre Klimaschutzziele abschreiben, sagte Axel Kruschat, Landes-Geschäftsführer der Umweltorganisation BUND. „Ganz Europa schaut auf die deutsche Energiewende. Es wäre fatal, wenn Deutschland jetzt neue Kohletagebaue genehmigt“, sagt der europäische Programmdirektor von Greenpeace, Thomas Henningsen. „Der Braunkohleabbau in der Lausitz ist ein Skandal mit europäischen Dimensionen.“ Thomas Burchardt, Sprecher der Lausitzer Initiative „Klinger Runde“ mahnte: „Für Gewinne aus dem Stromexport darf die Lausitz nicht geopfert werden.“ Zudem verletze der geplante Tagebau den Verfassungsauftrag Brandenburgs zum Schutz der sorbischen Siedlungsgebiete.

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