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Braune Umtriebe in der Polizei Brandenburg: Der Korpsgeist von Schwedt

Ein Polizist marschierte 2005 bei Neonazi-Demonstrationen in Seelow und Halbe mit. Nun wird gegen den Beamten, der nach Schwedt strafversetzt wurde, wieder ermittelt. Und es gibt weitere Vorwürfe gegen Beamte der Polizeiinspektion Uckermark.

Schwedt - Wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt wird bereits seit 2012 gegen diesen Polizisten ermittelt: Er soll zusammen mit einem Kollegen Rechtsextreme ungeschoren davonkommen lassen haben. Es geht um Kriminalkommissar G., 44 Jahre, seit einigen Jahren im Wach- und Wechseldienst der Polizeiinspektion Uckermark in Schwedt tätig. Er war dorthin strafversetzt worden, nachdem er bereits vor einigen Jahren für Schlagzeilen sorgte. Damals war er noch beim Landeskriminalamt, bekam blendende Beurteilungen – und war 2005 und 2006 bei Neonaziaufmärschen in Seelow und Halbe, beim so genannten „Heldengedenken“, mitmarschiert. Und nun ist er der Polizist im aktuellen Skandal um rechtsextreme Vorfälle in der Polizeiinspektion Uckermark, gegen die es erneut die schwersten Vorwürfe gibt.

Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke hat den Beamten mit sofortiger Wirkung vom Dienst freistellen und mit einer Anzeige Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung aufnehmen lassen. Auslöser sind, wie Mörke am Mittwoch vor der Presse sagte, „glaubwürdige“ Recherchen des RBB-Journalisten Peter Huth, als Experte für Rechtsextremismus bekannt, dem Mörke auf der Pressekonferenz in Potsdam ausdrücklich dankte.

Polizist äußerte sich rassistisch gegenüber seinen Kollegen

Dem Bericht nach soll der Beamte Kollegen der Polizeiinspektion mit ausländerfeindlichen und rassistischen Aussagen etwa „zur Überlegenheit der weißen Rasse zugetextet“ haben. Freilich, keiner aus der Dienststelle informierte Vorgesetzte oder gar das Polizeipräsidium. Warum das unterblieb, warum niemand eingriff, warum die „schockierenden Vorfälle“ möglich wurden, will Mörke von der von ihm eingesetzten Untersuchungsgruppe ebenfalls aufklären lassen.

Aufschlussreich ist ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg (OVG) vom 1. April 2014, das einiges über den Kriminalkommissar aussagt: Nach seiner Teilnahme an den Neonazi-Aufmärschen in Halbe und Seelow 2006 hatte er – lediglich – einen Verweis erhalten. Mehr habe des Disziplinarverfahren nicht erbracht, sagte Mörke. Doch selbst gegen den Verweis hatte der Beamte geklagt, in erster Instanz vom Verwaltungsgericht Potsdam sogar Recht bekommen, was das OVG dann aber aufhob. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, aber in der Begründung glasklar: „Die Dienstpflichtverletzung bestand darin, dass das Verhalten des Klägers nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht wurde, die sein Beruf erfordert“, heißt es darin.  „Ein Polizeibeamter ist im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in eine dem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat verpflichtete Beamtenschaft gehalten zu vermeiden, dass er durch sein öffentliches außerdienstliches Verhalten in vorhersehbarer und ihm daher zurechenbarer Weise den Anschein setzt, sich mit dem Nationalsozialismus und rechtsextremen Strömungen zu identifizieren oder auch nur zu sympathisieren.“ Er sei „im Interesse der Akzeptanz und der Legitimation staatlichen Handelns verpflichtet, bereits den Schein der Identifikation mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut und mit Vereinigungen zu vermeiden, die sich zu einem solchen Gedankengut bekennen.“ Beim „Heldengedenken“ Halbe am 12. November 2005 waren 1700 Neonazis aus der ganzen Bundesrepublik vor dem Soldatenfriedhof aufmarschiert, unter dem Motto: „Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten.“

Polizist zeigte keine Einsicht

Für das Oberverwaltungsgericht habe der Polizeikommissar mit seiner Teilnahme gegen seine Treuepflicht verstoßen, das Ansehen der Polizei geschädigt. Stefan G. war aus dem Landeskriminalamt versetzt worden, seitdem auch nicht aufgefallen. Zwar seien seit 2006 „keine weiteren Teilnahmen an einschlägigen Veranstaltungen bekanntgeworden“, heißt es im Urteil des OVG. An eine Läuterung des Mannes glaubten die Richter aber nicht: „Der Senat ist indes zu der Überzeugung gekommen, dass dies maßgeblich auf den Druck des laufenden Disziplinarverfahrens zurückgeht.“ Denn seine Einstellung zu der Teilnahme an den beiden Veranstaltungen sei „bis heute von fehlender Einsicht in die klar zutage tretende Verletzung elementarer Dienstpflichten gekennzeichnet“.

Was sich dann offenbar am 25.Oktober 2014 wieder bestätigte. Der Streifenwagen mit G. wird an diesem Tag zu einer Sporthalle in Schwedt geschickt. Eine Frau hatte die Polizei alarmiert, dass dort Männer vor der Tür stehen und Rufe wie „Deutschland den Deutschen“ und „Heil Hitler“ skandierten. Der Streifenwagen fährt vor. Stefan G. und sein Kollege stellen ein paar Fragen – und fahren wieder davon, ohne die Personalien der Männer aufzunehmen. Als ihr Chef sie noch einmal hinschickt, ist niemand mehr da.

Handy-Klingelton "Nachricht von der Ostfront"

Es ist eine Polizeidienststelle, auf der so etwas bislang nicht so eng gesehen wurde. Da hatte der Vizechef der Inspektion bis vor zwei Jahren einen Handy-Klingelton: „Nachricht von der Ostfront.“ Er kam mit der Entschuldigung davon, dass das nur eine Satire gewesen sei. „Aktuell benutzt der Beamte einen Standard-Klingelton“, heißt es in der Pressemitteilung des Polizeipräsidiums. Dieser Mann war der Vorgesetzte einer Beamtin im Führungsstab, die zwar selbst nicht mit rechtsextremen Vorfällen auffiel, aber: Der Ehemann und der Bruder gehören, was lange bekannt ist, zur einschlägigen Neonaziszene in Mecklenburg-Vorpommern. Bei der Hochzeit vor acht Jahren wurde nach den RBB-Recherchen ein Foto gemacht, das den Ehemann mit einer Hakenkreuzarmbinde zeigt. Warum die Beamtin trotzdem lange im Führungsstab der Polizeiinspektion Uckermark blieb? Auch das will Mörke nun untersuchen lassen. Mittlerweile sei sie versetzt worden, „in den Präventionsbereich“.

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