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Auch auf dem Spargel- und Erlebnishof Klaistow sind die Folgen der teuren Produktionskosten zu spüren. 

© Sebastian Gabsch

Brandenburgs Spargel-Krise: Produktion des Stangengemüses zu teuer

Landwirte wollen den Anbau des Edelgemüses reduzieren, manche ganz aufgeben. Welche Gründe das hat und was helfen könnte. 

Beelitz - 15 Bauern waren es mal im Beelitzer Spargelverein. Inzwischen sind es nur noch zehn. Wurden 2018 in Beelitz noch auf 1750 Hektar Spargel geerntet, sind es nach Angaben des Vereins nun nur rund 1500 Hektar. Ein Trend, der nicht nur in Beelitz – Brandenburgs größtem Spargelanbaugebiet – sondern in der ganzen Mark zu beobachten ist. 

Viele Bauern in Brandenburg haben ihre Spargel-Anbauflächen verkleinert oder den Anbau ganz aufgegeben, wie der Vorsitzende des Beelitzer Spargelvereins, Jürgen Jakobs, sagt. Auf rund 4000 Hektar seien im vergangenen Jahr in Brandenburg Spargel gestochen worden. Jakobs prognostiziert: „In zwei bis drei Jahren werden wir nur noch 2500 Hektar ernten.“ Und das, obwohl das „weiße Gold“ laut Landesgartenbauverband das wichtigste Gemüse in der Mark ist. Warum steckt der Spargelanbau in der Krise? 

Produktion zu teuer

Vielen sei die Produktion einfach zu teuer geworden. „Die Produktionskosten sind gestiegen“, sagt Jakobs. Er spricht von etwa 25 Prozent. Vor allem durch den höheren Mindestlohn – der liegt seit dem 1. Januar bei 9,82 Euro. „Personalkosten machen rund die Hälfte der Produktionskosten aus“, sagt Jakobs. Ab Juli steigt der Mindestlohn noch einmal an auf 10,45 Euro und ab Oktober dann auf zwölf Euro. „Wir wissen nicht, wie wir das schaffen sollen.“ Die gestiegenen Energiepreise machten es den Landwirten zusätzlich schwer. 

Das große Problem dieser Saison sei gewesen, dass gerade zu Beginn der Beelitzer Spargel kaum gekauft worden sei, sagt Jakobs. Das habe daran gelegen, dass sich viele Kunden für billigere Importware aus Griechenland oder Polen entschieden hätten. „Da kosteten 500 Gramm 1,99 Euro. Mit den Preisen konnten wir nicht mithalten“, so der Beelitzer Spargelbauer. Der Spargel der Brandenburger Bauern wurde also, trotz aller Liebe zur Regionalität, nicht gekauft. Aktuell liegt der Kilopreis beim Spargel je nach Klasse zwischen 3,50 und zwölf Euro

Spargel als Luxusgut

Zudem hätten die Menschen insgesamt sehr zurückhaltend eingekauft. „Wenn alles teurer wird, Sprit, Lebensmittel, dann schaut man genau hin, was muss ich heute kaufen“, sagt Jakobs. Spargel sei ein Luxusgut. „Spargel ist nun mal nicht überlebenswichtig.“ 

Der Handelsverband Berlin-Brandenburg sieht das genauso. „Spargel wird als Luxus verortet – das überlegen sich die Leute, ob sie sich das noch leisten können“, sagt Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen. Seit Jahren gehe der Kauf von Spargel zurück – besonders im aktuellen Jahr. Der Start des Brandenburger Spargels sei holprig gewesen. Man habe der Nachfrage nachkommen und mehr Spargel importieren müssen, um den Bedarf zu decken. „Da kann es dann schon einmal zu Überschneidungen von Importspargel und dem Regionalen kommen.“ 

Engpass an Pfingsten droht

Laut Beelitzer Spargelverein werden zehn bis zwölf Millionen Kilo jährlich geerntet. „Wir sind jetzt bei rund acht Millionen“, sagt Jakobs. „Vielleicht kommen wir auf zehn. Zwölf werden wir nicht schaffen.“ Denn viele Felder seien leer. Bei einigen Höfen bestehe sogar Unsicherheit, ob bis Pfingsten noch genug Spargel da sein wird. „Wir werden einen Engpass haben“, sagt Jakobs. Einige Höfe hätten nur bis Mitte Mai liefern können. „Jetzt ist jede Stange gefragt.“ 

Die Folgen des geringeren Spargelverkaufs spürt auch Ekhard Wolter. Er wird im kommenden Jahr nicht alle Felder beernten. Der Landwirt vom Gut Herrenhölzer in Bensdorf im Westen Brandenburgs hatte bereits zu Beginn der Erdbeerernte im Mai auf seinem Hof vor Journalisten angekündigt, er werde sich verkleinern. Jetzt sagt Wolter: „Wir werden nichts neu bepflanzen.“ Auf seinen rund 100 Hektar Spargelfeldern müsse er 2023 schauen, welche er beernten könne. „Wir werden ernten. Aber wir müssen Felder weglassen.“ Es sei einfach zu teuer. 

Konkurrenz im Ausland unterlegen

Und gegen die Konkurrenz aus dem Ausland, wo Mindestlöhne wie beispielsweise in Polen unter vier Euro pro Stunde liegen, habe man keine Chance. „Wir haben weniger Umsatz bei höheren Kosten bei gleicher Arbeit.“ Wenn es ums Geld gehe, sei den Kunden der CO2-Abdruck gerade einfach „scheißegal“. Auf seinen Feldern gebe es noch genügend Spargel. „Wir haben erst 60 Prozent geerntet.“ Pfingsten sei für die Spargelbauern normalerweise die Zeit mit dem besten Umsatz. Wolter hofft, dass das auch in diesem Jahr so sein wird. 

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Dass das Kaufverhalten der Menschen anders sei als bisher, sei auch am Spargelhof Klaistow in Beelitz spürbar. „Beim Kaufen gibt es eine allgemeine Zurückhaltung. Die Menschen sind verunsichert – das macht sich natürlich auch beim Spargel bemerkbar“, sagt Hofbesitzerin Antje Winkelmann. Die gestiegenen Kosten seien ein gewaltiges Problem. Zwar gehörten sie nicht zu denen, die den Spargelanbau einstellen. Doch: „Vergrößern werden wir uns auf keinen Fall.“ 

Hoffen auf politische Hilfe

Verschwinden in Brandenburg also bald ganze Spargelfelder? Busch-Petersen vom Handelsverband glaubt, dass man mit den Bauern an der Marketingstrategie für das Gemüse arbeiten müsse – auch, um jungen Leuten Spargel schmackhaft zu machen. „Junge Leute kaufen keinen Spargel“, sagt er. Warum, dafür habe er keine Erklärung. 

Antje Winkelmann hofft auf Hilfen durch die Politik. Die Kosten würden spätestens mit dem steigenden Mindestlohn im Oktober zu hoch, um sie allein zu schultern. Sie verstehe, warum einige den Anbau an den Nagel hängen.

Anna Kristina Bückmann

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